Wearable Interfaces / Wearable Computing
Younes Alj
Definition
Wearable Computers sind Computer, die am Körper getragen werden (z.B.: ein Armbanduhr, eine Brille oder eine Weste) und die den Menschen im täglichen Leben unterstützen sollen. Dabei sollen diese Computer sowohl bequem zu tragen (leicht, klein usw.) als auch leicht zu bedienen sein.
1. Die Betriebsarten des Wearable Computing
Wearable Computer werden durch drei verschiedene Betriebarten definiert:
Constancy:
Der Computer läuft ununterbrochen und ist immer mit dem Benutzer im Kontakt. Anders als beim z.B. beim Laptop, PDA etc.muss der Benutzer nicht erstmal den Computer öffnen/anmachen, sondern die User-Interface ist immer angeschaltet oder bereit.
Augmentation:
Die Idee ist, dass der Computer im Hintergrund läuft, d.h. der Nutzer muss seine Aufmerksamkeit nicht auf den Computer richten, sondern auf die reale Welt, und nebenbei soll der Computer ihm bei seinen "realen" Aufgaben unterstützen.
Mediation:
Hier handelt es sich um die Unabhängigkeit gegenüber dem Computer. Der Wearable Computer erlaubt uns mehr Unabhängigkeit als beim tragbaren Computer.
2. Die Anforderungen an das Wearable Computing.
Ein Wearable Computer ist also ein Computer, der in die Umgebung des Benutzers eingebettet ist, der vom Benutzer kontrolliert wird und der immer und überall eingeschalten und funktionsbereit ist. Aus diesem Grund ergeben sich die Merkmale bzw. die Eigenschaften dieses Computers:
Sensoren:
Ein der wichtigsten Anforderungen an einem Wearable Computer ist das Vorhandensein von Sensoren, mit deren Hilfe der Wearable Computer Informationen über seine Umgebungen sammeln kann. Es gibt zwei Arten von Sensoren:
- Hardwaresensoren: Unter Hardwaresensoren versteht man all jene Sensoren, die als Bausteine gebaut sind. Zum Beispiel ein Thermometer zur Bestimmung der Temperatur oder ein GPS-Empfänger zur Lokalisation.
- Softwaresensoren: Als Softwaresensoren bezeichnet man Sensoren, welche zwar nicht richtige "Hardware"-Sensoren sind, dennoch Informationen über die Umgebung bzw. das Systems liefern. Beispiele für Softwaresensoren wären z.B. ein Programm, das freie Speicherkapazität einer Festplatte ausliest.
Die Möglichkeit selbst Daten und Informationen über seine Umgebung zu sammeln, ermöglicht dem Wearable Computer nicht immer auf Befehle des Nutzers zu warten, sondern dynamisch auf die Veränderungen seiner reale Welt zu reagieren und gegebenenfalls seine Aufgaben anzupassen.
Keine eingeschränkte Aufnahmefähigkeit des Benutzers:
Der Nutzer ist mit der Nutzung der Wearable immer noch ein Teil der realen Welt. Der Wearable Computer ist wie eine zweite reale Aktivität des Nutzers (z.B.: Musik hören und schreiben). Anders als zum Beispiel die Second Life Desktop Spiele, bei denen der Nutzer nur auf die virtuelle Welt achtet und dabei seine ganze Aufmerksamkeit dem Desktop widmet.
Kontrollierbar durch den Benutzer:
Der Nutzer kann jederzeit die Kontrolle übernehmen
Wahrnehmbar vom Benutzer:
Der Wearable ist "proaktiv", d.h. er nimmt kontinuierlich Informationen auf, interpretiert sie und präsentiert sie dem Benutzer "von sich aus". Zum Beispiel wartet der Wearable Computer nicht, bis der Nutzer seine angekommene E-Mail abruft, sondern er erkennt die richtige Zeit (z.B. nicht beim Auto fahren) und Ort, um den Nutzer seine E-Mails zu zeigen.
Immer bereit/Aktiv:
Da der Wearable Computer proaktiv ist, muss er nicht ausgeschalten werden, sondern muss immer angeschaltet bzw. aktiv sein, um Daten aus seiner Umgebung sammeln, proaktiv handeln, und mit dem gesammelten Daten ohne Verzögerung arbeiten zu können.
Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt:
Da der Wearable mit Sensoren ausgestattet ist, hängt er von Zeit, Ort, und anderen Parametern ab. D.h. der Computer soll in der Lage sein seine Umgebung zu beobachten und zu analysieren. Zum Beispiel, wenn sich zwei Freunde in der Nähe voneinander befinden, werden sie von ihren Wearable geortet und diese informieren sie umgehend mit deren Daten wie Name, Telefon Nummer, Adresse etc.
Keine Einschränkungen für den Benutzer:
Man kann andere Aufgaben bei der Nutzung der Computer tun, z.B. Präsentation sehen, während man telefoniert.
Persönlich:
Computer und Mensch sind absolut verbunden.
Unauffällig:
Zum Beispiel: integriert in Kleidung, Brille, Schuhe etc.
Privat:
Ist nur durch den Benutzer kontrollierbar.
3. Anforderungen an Wearable Interfaces
Die Anforderungen an Wearable Interfaces lassen sich aus den Anforderungen an den Wearable Computer ableiten. So unterscheidet man zwischen zwei Arten von Anforderungen, physische und psychische:
Die physischen Anforderungen:
- Das Interface muss am Körper tragbar sein und dabei so platziert, dass die Bewegung des Nutzers nicht behindert wird.
- Die Benutzung des Wearable Interfaces darf keine Unterlagen wie einen Tisch erfordern, da dadurch der größte Vorteil der Wearable, nämlich die Mobilität, verletzt werden würde.
- Für die Bedienung des Interfaces darf der Nutzer nicht stehen bleiben.
- Das Interface muss, wenn möglich ohne Verwendung der Hände, bedienbar sein. Leider ist diese Anforderung noch nicht erfüllt, da die Techniken wie Sprachsteuerung, Gestenerkennung oder Ähnliches zu dieser Zeit noch ungenau sind. Bis diese Techniken einsatzbereit werden, müssen die Anforderungen bezüglich der Benutzung der Hände auf so wenig wie möglich reduziert werden. D.h. der Benutzer darf nur minimal und nur wenn es wirklich nötig ist das Interface bedienen.
Die psychischen Anforderungen:
- Die Interaktion mit dem Wearable Computer über das Interface darf nur minimal die Aufmerksamkeit des Nutzers beanspruchen, so dass es dem Nutzer möglich ist, sich auf seine reale Welt zu konzentrieren.
- Die angefangene bzw. die primäre Tätigkeit des Nutzers darf durch die Bedienung des Wearable Interfaces nicht unterbrochen werden.
4. Kriterien des Wearable Computer
Aus den Anforderungen an den Wearable Computer und Wearable Interfaces, lassen sich die Hauptkriterien bzw. Merkmale des Wearable definieren:
1. Ein Körpergerechtes Design.
2. Übersichtliche Interaktion (Human Computer Interaction).
3. Gute Usability (Design).
4. Sinnvolle Anwendungen.
5. Probleme
Der Wearable Computer ist eine von den wichtigsten Entwicklungen unserer Zeit. Leider stoßen die Entwickler auf unzählige Probleme, die die schnelle Weiterentwicklung des Wearable Computer behindern. Zu den wichtigsten Problemen gehören:
- Da die Wearable Computer immer am Körper getragen werden und dabei die Bewegung nicht behindern dürfen, spielt die Größe bzw. das Gewicht eine große Rolle. Ein weiteres Problem stellt die Ein- und Ausgabe von Informationen dar, d.h. die Bedienung sollte ablenkungsfrei und ziemlich intuitiv sein (bequem).
- Gesundheit ist eins der wichtigsten Probleme des Wearable Computers, und dazu eins der wenig erforschten. Zu den gesundheitlichen Risiken zählt die Strahlung von drahtlosen Geräten, insbesondere WLAN und GSM. Ein anderes gesundheitliches Risiko ist die Nutzung des Head-Mounted-Displays, das die Augen stark belasten kann.
- Ein weiteres Problem ist der Stressfaktor. Er entsteht, wenn der Mensch mit unerwünschten Informationen bombardiert wird. Es kommt zu einer psychischen Belastung, da es sehr schwierig ist, die Flut von Informationen zu bearbeiten oder ihr zu entgehen.
- Des Weiteren muss die Energieversorgung jederzeit uneingeschränkt ohne Verwaltung zur Verfügung stehen, Außerdem darf sie nicht durch zu großes Gewicht die Bewegung des Benutzers behindern.
6. Lösungen
-
Größe:
Hier wird im Moment ein großer Schritt gemacht. So wird derzeit intensiv an radikalen Verkleinerungen der Wearable Computer geforscht. Es gibt zum Beispiel den Matchbox Webserver der Stanford University, der eine Größe von einer Zigarettenschachtel hat. Er ist natürlich kein Wearable Computer, zeigt aber, dass die Miniaturisierung des Computersystems sehr weit fortgeschritten ist, was sich auch im Bereich des Wearable Computing stark auswirkt. -
Gesundheit:
Um die gesundheitliche Auswirkung der Strahlung vom Mobile System (bedeutet auch Wearable Computer) zu dokumentieren, sind Langzeitstudien notwendig, die leider noch nicht möglich sind. Die einzige Lösung ist eine ausreichende Abschirmung des strahlenden Gerätes zum Körper. -
Energie:
Da die Wearable Computer tragbar und klein sind, wurden gleich zwei komplementäre Lösungen für das Problem Energie entwickelt. Zu einem die Energieoptimierung (Reduzierung) zu den anderen die Energieerzeugung bzw. -verbrauch.
Die größten Energieverbraucher bei den Wearable Systemen sind die CPU, der Bildschirm und die Festplatte. Daher konzentrieren sich die Forschungen auf die Optimierung bzw. Reduzierung des Energieverbrauchs beim Wearable auf die drei genannten Komponenten.
CPU: im Gegensatz zu den Wearable Computern werden die Prozessoren bei den Computer Systemen (Desktop) vor allem auf Leistung und Taktfrequenz eingestellt. Erst seit es tragbare Computer gibt, wird auch bei der Entwicklung auf energiesparende Prozessoren Rücksicht genommen. Eine Möglichkeit Energie zu sparen, besteht darin, die Taktfrequenz zu reduzieren oder unbenutzte Teile des Prozessors auszuschalten. Dabei wird die Taktfrequenz auf Null gesetzt. Man kann auch den Prozessor ganz abschalten, wenn er sich im Stand-By befindet. Eine andere Lösung wäre auch das so genannte Remote-Prozessing. Dabei werden die Daten über ein Netzwerk zu einem Hostrechner verschickt, welcher die angekommenen Daten auswertet und die Ergebnisse zu der Wearable zurücksendet.
Bildschirm: Eine denkbare Lösung wäre hier die Stärke der Bildschirmbeleuchtung von der Umgebung abhängig zu machen. D.h. wenn sich zum Beispiel der Nutzer in einer sonnigen Umgebung befände, bräuchte der Wearable Computer nicht so viel Energie für die Beleuchtung des Bildschirms. Auch ein Sensorsystem, das erkennt, ob ein Benutzer den Bildschirm betrachtet und ihn daraufhin aktiviert, wäre denkbar.
Die Erzeugung von ausreichender Energie für die Wearable Computers, die dabei unauffällig und permanent ist, macht den Wearable aus. Dafür gibt es verschiedene Lösungsansätze:
- Solarpanels: Sie haben das gleiche Prinzip wie Solaranlagen, die die Wärme (Licht) speichern und dadurch Energie produzieren. Sie können in Jacken integriert oder einfach wie ein Rucksack über die Schulter getragen werden. Bei guten Lichtverhältnissen produzieren die Solarpanels bis ca. 30 Watt Energie. Es gibt schon einige Firmen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, aber ihre Lösungen sind bis zu dieser Zeit recht unflexibel und unbequem zu tragen. Davon abgesehen können diese Lösungen ohne die Energiequelle "Sonne" oder eine Leistungsstarke Energiequelle keine Energie erzeugen, und somit sind die Solarpanels eine ziemlich unzuverlässige Lösung.
- Piezoelemente im Schuhabsatz: Die Piezoelemente oder die Piezoelektrizität beschreiben das Zusammenspiel von mechanischem Druck und elektrischer Spannung in Festkörpern. Sie basieren auf dem Phänomen, dass bei der Verformung bestimmter Materialien auf der Oberfläche elektrische Ladungen auftreten. Die Vorteile der Piezoelemente im Schuhabsatz sind die Unauffälligkeit der Energiequelle und die Uneinschränkung der Benutzer bei der Bewegung. Außerdem ist diese Lösung recht kostengünstig und leicht umsetzbar. Das einzige Problem liegt darin, dass Energie aus diesen Piezoelementen nur beim Gehen produziert wird, was bedeutet, dass die Energieversorgung nicht permanent ist.
- Körperwärme: Das Prinzip ist die Umsetzung der vom Mensch erzeugten Wärme in Energie. Ein Nachteil ist, dass der Energiegewinn aus der Körperwärme sehr gering ist. Außerdem ist die Umsetzung von der Körperwärme in Energie ein sehr teurer und komplizierter Vorgang.
- Kinetische Energie: Die kinetische Energie oder auch Bewegungsenergie ist die Energie, die in der bewegten Masse eines Körpers enthalten ist. Dabei werden die Bewegungen der Gliedmaßen in elektrischen Strom (Energie) umgewandelt. Es entstehen zum Beispiel bei einer normaler Bewegung 24 Watt Energie. Bei dieser Lösung stößt man wieder auf das Problem, dass ohne Bewegung keine Energie erzeugt wird. Eine Lösung dafür wäre, die gewonnene Energie zwischenzuspeichern.
7. Mögliche Anwendungsbereiche des Wearable Computing:
Wenn die oben genannten Anforderungen an den Wearable Computers erfüllt sind, könnte man den Wearable eigentlich in fast allen Wirtschaftssektoren nutzen, also zum Beispiel in der Industrie, im Dienstleistungsbereich, in der Landwirtschaft etc. Noch dazu auch im so genannten Konsumenten-Bereich, d.h. im persönlichen Leben jeder einzelnen Person. Erste Umsetzungen in den Wirtschaftssektoren würden für folgende Sparten entwickelt:
- In der Logistik: Kommissionierung, Pakettransport, Umzug etc.
- In Tourismus und Kultur: Stadt- und Museumsführung, Journalismus, archäologische Ausgrabungen etc.
- In der Produktion: Konstruktion, Montage, Inbetriebnahme, Instandhaltung etc.
- Im Gesundheitswesen sowie im Krisen- und Katastrophenmanagement: Notfallmedizin, häusliche Krankenpflege, Feuerwehreinsatz.
- Bildung, Training
- Kommunikation / Kooperation / Kollaboration: synchroner oder asynchroner Dialog zwischen Menschen, z.B. Expertenkonsultationen auch über weite Entfernungen hinweg, und Sprachübersetzung
- Dokumentation: Informationsbereitstellung durch Zugriff auf Pläne, Zeichnungen, Handbücher, Reparaturanleitungen usw., aber auch Berichtswesen, d.h. Protokollierung und Berichterstattung
- Messen, Erfassen, Auswerten, Vergleichen und Speichern von Daten jederzeit und an jedem beliebigen Ort.
8. Zusammenfassungen und Ausblicke
Der Mensch war und ist immer bestrebt Alltagswerkzeuge zu verbessern und zu verkleinern, und dazu stehen die Bedienbarkeit und die Mobilität diese Geräte im Vordergrund. Dadurch entstanden schon einige außergewöhnliche Hilfsmittel, eins davon ist der Wearable Computer.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Wearable Computers in unserer Gesellschaft ein großes Potential haben, auch wenn viele Menschen in dieser Hinsicht eher skeptisch sind. Natürlich existiert die Gefahr, dass der Mensch sich mehr und mehr abhängig von der Technik macht und somit unselbständiger und bequemer wird, andererseits ist die Anhängigkeit des Menschen von der Technik bereits heute sehr weit fortgeschritten und kann wohl von niemandem mehr geleugnet werden. Was wären wir ohne Licht, Telefon oder den Computer? Weiterhin geht man bei dieser Betrachtungsweise lediglich von den eher sekundären Einsatzgebieten von Wearable Computern aus, also der "Spaß"-Einsatz der Wearable. Die wirklich großen Vorteile dieser Technologie liegen in den Bereichen der Medizin und des kommerziellen Einsatzes, wo sie sicherlich in absehbarer Zeit Einzug halten werden .
So kann man gespannt sein, was die Zukunft in diesen Bereich noch alles bringen wird.
Literatur
http://de.wikipedia.org/wiki/Wearable_Computing
http://www.iicm.tugraz.at/thesis/cloidl.pdf
http://matrix.wearlab.de/studie/exsum/es_1.php
http://www.informatik.uni-bremen.de/~ruegge/PDF-Dateien/Herzog_etal_ar-vr-paderborn_2003.pdf
http://www.artec.uni-bremen.de/files/papers/paper_118.pdf
http://www.computer-networking.de/~hanne/PervasiveComputingSS04/WearableComputing.pdf