Software Applications Using Eye Tracking Technology
Ein Aufsatz von Sascha Gebhardt
1. Einleitung
Dieser Aufsatz wird sich mit dem Thema "Software Applications Using Eye Tracking Technology" oder auf deutsch "Computerprogramme, die Blickbewegungsregistrierungstechnologie verwenden" befassen. Es soll zunächst ein Überblick über Blickbewegungsregistrierung im allgemeinen, sowie über die wichtigsten Arten der Augenbewegungen gegeben werden. Danach wird genauer auf einzelne Bereiche in denen diese Technologie eingesetzt wird eingegangen. Anschließend wird die hierfür notwendige Technik im Mittelpunkt stehen. Hierzu wird ein kurzer geschichtlicher Überblick über Geräte zur Blickbewegungsregistrierung gegeben und es wird der aktuelle technische Stand moderner Geräte erläutert. Zum Schluss wird auf die Programme, die zur Durchführung von Studien benötigt werden eingegangen und es werden andere Programme vorgestellt, die Blickbewegungsregistrierung verwenden oder in naher Zukunft verwenden werden.
2. Computerprogramme, die Blickbewegungsregistrierungstechnologie verwenden
2.1 Blickbewegungsregistrierung
Bei der Blickbewegungsregistrierung im Forschungsbereich geht es darum, mithilfe entsprechender technischer Hilfsmittel die Augen- bzw. die Blickbewegungen einer Testperson aufzuzeichnen und hinsichtlich verschiedener Fragestellungen auszuwerten. Eine entscheidende Rolle bei der Blickbewegungsregistrierung spielt neben der eingesetzten Technologie auch die Blickbewegungsforschung. Sie versucht, die Zusammenhänge zwischen Augenbewegungen und neurologischen Verarbeitungsprozessen im Gehirn aus kognitionspsychologischer Perspektive nachzuvollziehen. Im Sinne der Wahrnehmungspsychologie wird also versucht, durch geeignete Analyse- und Interpretationsschemata den von außen beobachtbaren Blickbewegungen entsprechende interne, subjektive Vorgänge und Ergebnisse zuzuordnen. (vgl. www.e-teaching.org) Des Weiteren kann Blickbewegungsregistrierung aber auch im anwenderischen Bereich eingesetzt werden. Hier werden beispielsweise die Augen als Zeigegerät eingesetzt, oder die Augenbewegungen zur Unterstützung der Darstellung am Bildschirm mit berücksichtigt.
Für die Entwicklung und Verwendung von Applikationen, die Blickbewegungsregistrierungstechnologie verwenden ist es ratsam die Funktionen des menschlichen Auges und seiner Bewegungen zu kennen. Die wichtigsten Arten der Augenbewegung sind folgende:
- 1. Die Fixation
Von einer Fixation spricht man, wenn ein Punkt fokussiert wird und der Blick auf diesen Punkt fixiert bleibt. Dabei befinden sich die Augen jedoch nicht in einer absoluten Ruheposition, sondern vollführen leichte Zitterbewegungen. Dies hat den Zweck, dass während der Fixation die visuellen Rezeptoren nicht durchgehend den selben Reiz erfahren und so entlastet werden. - 2. Die Saccade
Der Sprung von einer Fixation zur nächsten wird als Saccade bezeichnet. Dabei handelt es sich um ruckartige und sehr schnelle Augenbewegungen, während derer man keinerlei optische Informationen wahrnimmt und somit tatsächlich blind ist. - 3. Die Verfolgungsbewegung
Eine Verfolgungsbewegung (Verfolgung eines sich bewegenden Objektes) ist ein ständiger Wechsel von Fixationen und Saccaden wobei während der Fixationsphasen neurologisch verwertbare Informationen an das Gehirn geleitet werden, die auch während der Saccadenphase weiter ausgewertet werden können.
Augenbewegungen, wie beispielsweise die Dauer von Fixationen oder die Länge von Saccaden, werden stark von biologischen Faktoren wie Müdigkeit, Geschlecht und Alter oder individuellen Faktoren wie Gewohnheiten oder Fähigkeiten beeinflusst. Auch das beobachtete Objekt kann Auswirkungen auf die Augenbewegungen haben zum Beispiel die Komplexität einer grafischen Darstellung oder der Schwierigkeitsgrad eines Textes, sowie die Geschwindigkeit mit der sich ein Objekt bewegt, oder sich eine Darstellung verändert. Gerade diese Wechselwirkungen zwischen Objekt und Betrachter, bei der sich das Gesehene und dessen kognitive Verarbeitung gegenseitig beeinflussen, machen die Blickbewegungsforschung und damit die Methode der Blickbewegungsregistrierung aus wissenschaftlicher und ökonomischer Perspektive interessant. (vgl. www.e-teaching.org)
2.2 Bereiche in denen Blickbewegungsregistrierung eingesetzt wird
Blickbewegungsregistrierung kann nahezu allen Bereichen Anwendung finden, in denen Menschen etwas sehen. Beispiele für solche Bereiche wie die Blickbewegungsforschung, die Medizin, Literaturwissenschaften, Werbung, Webdesign, Kunst und andere, aber auch die Entwicklung neuer Eingabegeräte für die Steuerung von Computern oder anderen technischen Geräten um beispielsweise behinderten Menschen die Bedienung möglich zu machen, oder sie für die Anwender komfortabler zu gestalten. Wenn man bei www.google.de nach dem Begriff "eye tracking technology" sucht bezieht sich allerdings der größte Teil der gefundenen Internetseiten auf die Verwendung von Blickbewegungsregistrierungstechnologie zur Analyse des Verhaltens von Benutzern bei der Betrachtung von Internetseiten. Beispiele für Studien bei denen Blickbewegungsregistrierung in anderen Bereichen zum Einsatz kam sind eine Studie der Universität von Derby, bei der Blicke auf die Armaturen von Autos untersucht wurden, um sie so augenfreundlich zu machen, dass sie weniger Blicke auf sich ziehen und so Unfälle vermieden werden können. Ein zweites Beispiel: beim Screening für Brustkrebs. Man fand heraus, dass die meisten Spezialisten besser hinsehen könnten. Oftmals werden hier Röntgenbilder nicht ausreichend genau miteinander verglichen. (vgl www.3sat.de)
2.3 Technik zur Blickbewegungsregistrierung
Techniken zur Blickbewegungsregistrierung gibt es bereits seid über 100 Jahren. Bei den ersten Verfahren war es jedoch nötig, dass die Messaperaturen das Auge berührten. 1901 wurde das erste Verfahren entwickelt um die Blickbewegungen berührungslos zu dokumentieren. Hier wurde das vom Auge reflektierte Licht mit einer nach unten fallenden Photoplatte aufgezeichnet. Dies funktionierte aber nur für horizontale Blickbewegungen, und auch nur wenn der Kopf den Probanden fixiert war. 1905 wurde das erste System entwickelt, das Blickbewegungen in zwei Dimensionen dokumentieren konnte. Zwar auch ohne direkten Kontakt der Messaperatur zum Auge, allerdings musste auch hier der Kopf noch fixiert bleiben. 1948 wurde das erste Kopfmontierte System entwickelt, mit dem es möglich war Augenbewegungen zu dokumentieren, auch wenn sich der Kopf des Probanden bewegte. (vgl www.cs.tufts.edu, S. 1ff)
Mittlerweile existieren Systeme, die weder eine Berührung mit dem Kopf des Probanden nötig machen, noch dass dessen Kopf fixiert werden muss. Diese Systeme (wie beispielsweise der "Tobii Eye-tracker") sind mit fest an einem Computermonitor angebracht, und verfolgen von dort aus die Blickbewegungen des Probanden über den Monitor. Möchte man Blicke verfolgen, die über den Computermonitor hinausgehen kann man immer noch kopfmontierte Systeme nutzen, wie beispielsweise die "EyeFrame Hardware" von Arrington Research. Diese Systeme sind mittlerweile allerdings wesentlich kleiner geworden, und ähneln mehr einer sportlichen Sonnenbrille mit einigen Kabeln daran, als einer riesigen Messapperatur. Für Studien, die sehr hohe Abtastraten, oder hohe Auflösungen benötigen existieren immer noch Systeme bei denen der Kopf des Probanden fixiert werden muss, wie der "EyeLink 1000 / 2K" von SR Research.
Moderne Systeme können die Blickbewegungen der Probanden mit Abtastraten von etwa 60Hz (Arrington Research EyeFrame Hardware) bis hin zu 2kHz (SR Research EyeLink 1000 / 2K) aufzeichnen. Die erreichten Auflösungen reichen von 0,15° bis zu 0,01° erfassbarer Augendrehung.
2.4 Computerprogramme und Blickbewegungsregistrierungstechnologie
In erster Linie wird Blickbewegungsregistrierung für Studien genutzt. Diese Studien drehen sich oftmals um Benutzerfreundlichkeitsanalysen für Webseiten oder Computerprogramme. Hierbei entwickeln die meisten Hersteller von Blickbewegungsregistrierungssystemen die Programme, die zur Durchführung der Studien benötigt werden selbst und stellen sie mit diesen Systemen zur Verfügung. Meist wird auch ein SDK (Software Devlopment Kit) mit den Systemen ausgeliefert, das Standardbibliotheken zur Ansteuerung der Hardware enthält und denjenigen, die sie verwenden die Möglichkeit gibt selbst Programme zur Durchführung ihrer Studien zu entwerfen.
Fertige Programme zur Durchführung von Studien werden meist mit folgenden Funktionen ausgeliefert:
- Augenkamerafunktion:
Mit dieser Funktion kann man das Auge betrachten und bestimmte Einstellungen für die Messungen vornehmen, wie zum Beispiel das Feld begrenzen in dem die Pupille gesucht wird. Außerdem kann man das Auge selbst beobachten, was für manche Studien wichtig ist. - Blickverfolgung:
Die Blickverfolgung legt den Blickpunkt, oder den Verlauf des Blickes über das beobachtete Bild. So ist es für den Durchführenden der Studie möglich genau zu sehen, wohin das Auge des Probanden blickt, beziehungsweise seinen Blickverlauf zu verfolgen, was das Ziel der meisten Studien ist, die sich mit dieser Technik befassen. - Statistikfunktionen:
Diese Funktionen ermöglichen es bestimmte Parameter von Augenbewegungsmessungen im Zeitverlauf der Studie aufzuzeichnen. Hierzu zählen beispielsweise die Blickposition, die Augenbeschleunigung, Verweildauer und andere. Meist stehen Exportfunktionen zu anderen Programmen wie zum Beispiel Microsoft Excel zur Verfügung. - "Hitzekarte":
Hierbei handelt es sich nicht um eine Tatsächliche Karte zur Hitzemessung, sondern um eine Darstellung, die anzeigt, welche Bereiche des gesehenen Bildes wie lange betrachtet werden. Das Resultat erinnert an eine Aufzeichnung einer Wärmebildkamera, woher der Name für diese Funktion kommt. Die Hitzekarte wird folgendermaßen erstellt: Bereiche die nicht vom Blick erfasst werden sind blau. Trifft der Blick auf einen Punkt des gesehenen Bildes wird dieser erst gelblich, dann rötlich eingefärbt. So entsteht ein Bild, dass die nicht betrachteten Bereiche blau, die am längsten betrachteten Bereich rot, die Bereiche dazwischen mit Übergangsfarben der beiden anzeigt.
Blickbewegungsregistrierung kann auch dazu genutzt werden behinderten Menschen einen Zugang zu Computern zu bieten, den sie sonst nicht hätten. Die Firma Tobii vertreibt zum Beispiel Systeme, mit denen behinderte Menschen, die nicht in der Lage sind eine Maus oder eine Tastatur zu bedienen trotzdem mit dem Computer interagieren können. Die Softwarelösung MyTobii enthält Funktionen zum Schreiben von Dokumenten und E-Mail, sowie einige Computerspiele. Zum schreiben wird hier eine virtuelle Tastatur am Bildschirm angezeigt, ähnlich wie bei einem Pocket PC. Der Benutzer kann Tasten drücken, indem er sie mit seinem Blick anvisiert und einen externen Knopf drückt. Sollte er aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage sein einen externen Knopf zu drücken, kann das System auch so eingestellt werden, dass die Taste nach einer bestimmten Verweilzeit des Blickes auf ihr "gedrückt" wird. (vgl. www.tobii.com)
Eine weitere Art von Computerprogrammen, die künftig mit Blickbewegungsregistrierungstechnologie arbeiten könnten sind Computerspiele. Erste Studien haben ergeben, dass Spieler bei bestimmten Arten von Spielen ein angenehmeres Spielerlebnis haben können, wenn sie das Spiel mit ihren Augenbewegungen steuern können, statt mit klassischen Eingabegeräten, wie Maus und Tastatur. Forscher der Queen's University Canada fanden heraus, dass es Spielern gut gefiel Rollenspiele wie "Neverwinter Nights" mit ihren Augen zu steuern. Bei Ego-Shootern wie "Quake" oder Action/Arcade-Spielen wie "Lunar Command" blieben sie jedoch lieber bei den klassischen Eingabegeräten. (vgl. www.axistive.com)
Blickbewegungsregistrierung wird auch an der Holobench des LRZ Garching eingesetzt. Die Holobench ist ein Virtual-Reality-System, das Bilder stereoskopisch darstellen kann. Hier wird durch erkennen der Blickrichtung das dargestellte Bild so gedreht, dass dem Benutzer das Gefühl vermittelt wird, er könne um das dargestellte Objekt "herumlaufen". (vgl. www.lrz-muenchen.de)
In Zukunft könnte es möglich sein, dass man an Computern keine Maus mehr vorfinden wird, sondern dass das eigene Auge zum Standardzeigegerät wird. Es wird beispielsweise am Imperial College in London daran geforscht ein Blickbewegungsregistrierungssystem zu entwickeln, welches eine Maus ersetzten soll. Dann würde jede Software die heute eine Maus als Standardeingabegerät nutzt stattdessen mit Blickbewegungsregistrierungstechnologie arbeiten. (vgl. news.bbc.co.uk) Vorteile eine solchen Interaktion mit dem Computer wären, dass man wesentlich schneller arbeiten könnte, da ein Blick auf einen Button reichen könnte um ihn zu betätigen. Das heißt, der Button könnte in der Zeit betätigt werden, die momentan allein zum finden davon benötigt wird. Die Zeit die man dann noch bräuchte um die Maus dorthin zu bewegen würde entfallen. Ebenfalls würden Krankheiten entfallen, die durch ständige Benutzung einer Maus entstehen können, sowie Sehnenscheidenentzündungen.
Ein weiterer wäre jedoch, dass man das Darstellen von Informationen auf dem Computer revolutionieren könnte. Ein Beispiel wäre hier, dass der Computer beim surfen im Internet erkennt, welche Informationen den Benutzer wirklich interessieren und diese darstellt, oder weiter Inhalte bereitstellt, während Informationen die für den Benutzer uninteressant sind in den Hintergrund treten.
Aber eine solche Bedienung könnte auch Nachteile haben. Die Werbeindustrie könnte sich die Informationen über den aktuellen Blickpunkt den Anwenders zu Nutze machen und Werbeeinblendungen auf Internetseiten stellen, die sich immer im Blickfeld des Benutzers befinden indem sie ihm einfach folgen, und erst nach einer gewissen Zeit wieder verschwinden.
3. Schluss
Blickbewegungsregistrierung und Programme, die diese Technik nutzen sind in ein weites Anwendungsgebiet einzuordnen. Während Technologien zur Erfassung der Blickbewegung in den letzten hundert Jahren in erster Linie zu Forschungszwecken auf verschiedenen Gebieten eingesetzt wurden gewinnt dieses Thema in der jüngeren Vergangenheit immer mehr Bedeutung für Nutzer von Computern. Auch wenn die Steuerung eines Computers über die Augen momentan nur eine Notlösung für Behinderte ist und auf dem breiten Markt noch kaum Anwendung findet, könnte sich dies in näherer Zukunft ändern und ganz neue Möglichkeiten für die Benutzer, aber auch neue Herausforderungen für die Entwickler von Computerprogrammen bieten.
Literaturverzeichnis
e-teaching.org. Eye Tracking. 5. 2. 2007
http://www.e-teaching.org/didaktik/qualitaet/eye/
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http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/astuecke/14427/index.html
Robert J.K. Jacob. Commentary on Section 4. Eye tracking in human-computer interaction and usability research: Ready to deliver the promises. 5.2.2007
http://www.cs.tufts.edu/~jacob/papers/ecem.pdf
tobii. MyTobii communication software. 5.2.2007
http://www.tobii.com//default.asp?sid=555
Dennis van der Heijden. Eye Tracking Technology to Be Integrated with Future Games. 5.2.2007
http://www.axistive.com/17827/eye-tracking-technology-to-be-integrated-with-future-games.html
Leibniz Rechenzentrum. Virtual Reality im LRZ. 5.2.2007
http://www.lrz-muenchen.de/services/peripherie/vr/
Alfred Hermida. Replace your mouse with your eye. 5.2.2007
http://news.bbc.co.uk/1/hi/sci/tech/2098030.stm