Indoor Location Systems
Durch die Erschließung neuer Anwendungsgebiete für Computer und die daraus resultierende Entwicklung neuer Software, ist der Bedarf an Systemen zur Standortbestimmung einer Person oder eines Gegenstandes drastisch gestiegen. Während etablierte Technologien wie GPS im Außenbereich tadellos und sehr präzise funktionieren, haben sie im Innenbereich von Gebäuden große Probleme und können dort, wenn überhaupt, nur mit großem Arbeitsaufwand installiert werden[4]. Aus diesem Grund wurden in den vergangenen Jahren einige neue Systeme (Indoor Location Systeme) zur Standortbestimmung in geschlossenen Räumen entwickelt. Inhalt dieser Arbeit ist es einen Einblick in die Welt der Indoor Location Systeme zu gewähren. Zu diesem Zweck werden zunächst Anforderungen erläutert, die situationsabhängig an Indoor Lokation Systeme gestellt werden. Darauf folgt ein kurzer Überblick über die eingesetzten Technologien (z.B.:IR,WLAN, Ultraschall), Techniken und häufig verwendeten Begriffe (z.B.:RSS,TOA). Abschließend werden noch einige Systeme vorgestellt, bei denen die im 2. Teil erklärten Technologien Verwendung finden.
Anforderungen an Indoor Location Systeme
Die Einsatzgebiete für Indoor Location Systeme sind sehr vielfältig. Aus diesem Grund unterscheiden sich auch die Anforderungen die an einzelne Systeme gestellt werden. Es lässt sich jedoch eine Menge von Eigenschaften definieren, die für jedes Indoor Location System erstrebenswert sind:
- Hohe Präzision
- Gute Skalierbarkeit
- Geringe Kosten in Anschaffung und Betrieb
Offensichtlich stehen die ersten beiden Punkte häufig im Konflikt mit dem letzten. Im Einzelfall muss dann ein Kompromiss zwischen diesen Eigenschaften gefunden werden um den speziellen Anforderungen der Situation gerecht zu werden. Durch geschickte Implementierung und Nutzung vorhandener Ressourcen lassen sich aber auch sehr effiziente Systeme zu vergleichsweise geringen Kosten realisieren [1]. In Einzelfällen können auch Privacy Aspekte eine Rolle spielen. Dies ist vor allem dann der Fall wenn das Indoor Location System als Navigationssystem eingesetzt wird, bei dem nur der Nutzer weiß wo er sich befindet.
Technologien, Techniken und Begriffe
Für Indoor Location Systeme können abhängig vom Einsatzgebiet verschiedene Technologien verwendet werden. Infrarot Sensoren haben eine kurze Reichweite und sind relativ unpräzise, haben jedoch den Vorteil, dass sie sehr günstig sind. Da IR-Strahlen keine soliden Wände durchdringen ist es in Szenarien, in denen nur eine raumgenaue Lokalisierung benötigt wird völlig ausreichend. Bei einer Erweiterung des Systems um weitere Räume wird lediglich ein weiterer Sensor pro neuem Raum benötigt. Die größte schwäche aber ist die kurze Reichweite der IR Sender. Eine bessere Auflösung erreicht man mit Ultraschall Systemen. Diese sind jedoch teurer. Eine günstigere alternative stellen aktive RFID[7] Tags wie bei SpotON[3] dar, die außerdem über eine größere Reichweite verfügen. In jüngerer Vergangenheit kamen noch Bluetooth und WLAN basierende Systeme hinzu. Der Vorteil daran ist, dass aufgrund der mittlerweile großen Verbreitung der beiden Technologien auf bestehende Infrastrukturen zurückgegriffen werden kann, was sich positiv auf die Kosten auswirkt. WLAN Systeme zeichnen sich üblicherweise durch eine große Reichweite aus. Bei Bluetooth Systemen liegt der größte Vorteil darin, dass Personen zur Lokalisierung keinen separaten Sender benötigen da die meisten Mobiltelefone über Bluetooth verfügen. Moderne Systeme kombinieren verschiedene Technologien um eine höhere Präzision und Ausfallssicherheit zu erreichen. Wie diese Technologien genau eingesetzt werden wird anhand der Beispiele im letzten Teil der Arbeit erklärt, wobei besonderes Augenmerk auf die Gruppe der WLAN und Bluetooth basierenden Systeme gelegt wird, da diese einen sehr guten Kompromiss aus Präzision, guter Skalierbarkeit und geringem Preis bieten.
Beim Entwurf eines neuen Systems stellt sich zunächst eine grundlegende Strategiefrage. Ist das System "infrastructure-" oder "client-based"[1]? In Quelle[3] werden diese Ausrichtungen als "Tracking"- oder "Positioning"-Systeme bezeichnet. Im weiteren Verlauf wird aber die Bezeichnung aus Quelle[1] verwendet. Ist ein System "client-based" werden die Räume mit Sendern bestückt. Objekte oder Personen die lokalisiert werden sollen sind mit einem Empfänger bestückt, der die Signale der Sender auswertet und aus der gewonnenen Information die aktuelle Position errechnet. Diese Variante ist vor allem dann interessant, wenn Privacy Aspekte eine Rolle Spielen, da die Position des Objekts nicht an die Infrastruktur übertragen werden muss. Ein "infrastructutr-based" System funktioniert genau umgekehrt. Die zu lokalisierenden Objekte tragen also einen Sender. Die von den Objekten ausgehenden Signale werden von im Raum verteilten Sensoren empfangen und danach meist zentral ausgewertet um die Position zu bestimmen. Nötigenfalls können Positionsdaten dann an das Objekt zurückgesendet werden um diese in einer Applikation weiter zu verwerten.
Der Betrieb eines Systems, das präzise lokalisierung ermöglicht (besser als raumgenau), ist häufig zweigeteilt in eine Offline- und eine Onlinephase. Der Unterschied wird anhand eines "infrastructure-based" Systems erklärt. Für "client-based" Systeme ist die Bedeutung jedoch analog zur gegebenen Erklärung einfach zu erschließen. In der Offlinephase wird das Gelände "Kartographiert". Das bedeutet es werden von bestimmten Punkten innerhalb des Gebäudes aus Testsignale gesendet. Da der Ausgangspunkt dieser Signale in der Offlinephase bekannt ist kann das System eine "Karte" des Gebäudes erstellen. Dieser Vorgang muss immer dann wiederholt werden wenn sich etwas am Gebäude ändert. Je nach verwendeter Technologie können leider auch schon kleine Veränderungen (verrücken von Schränken, viele Personen im Raum) größere Probleme bei der Lokalisierung verursachen (d.h.: die Präzision leidet). Anhand der Daten die in der Offlinephase gewonnen wurden kann das System in der Onlinephase die Position eines Senders errechnen. Eine solche Zweiteilung des Betriebs bedingt naturgemäß erhebliche Kosten bei der erweiterung des Systems. Manche modernere Systeme erlauben es die "Kartografierung" zu automatisieren und auch auf Veränderungen im Raum automatisch zu reagieren (anhand des LEASE Systems wird später ein Beispiel besprochen).
Zur tatsächlichen Standortbestimmung können verschiedene Techniken[2] herangezogen werden, Triangulation und/oder Trilateration. Welche benutzt werden kann hängt von den Sensoren ab. Welche Technik verwendet wird hängt also nicht nur von der Präzision und Effizienz ab, sondern auch von den zur Verfügung stehenden Mitteln. Bei der Ermittlung des Standorts mittels Triangulation wird an jedem Sender der Eingangswinkel des Signals von mehreren Sensoren gemessen um den Standort zu berechnen. Bei Trilateration wird anstelle des Winkels der Abstand des Senders von verschiedenen Sensoren benutzt. Sensoren zur Messung des Eingangswinkels sind je nach verwendeter Technologie sehr teuer. Aus diesem Grund wird häufiger Trilateration verwendet. Es existieren drei methoden der Abstandsmessung die sich im aktuellen Zusammenhang etabliert haben: "received signal strength" (RSS)[2], "time of arrival"(TOA)[2] und (TDOA)[2]. RSS nutzt die Tatsache, dass die Signalstärke bei zunehmendem Abstand des Senders abnimmt um den Abstand zu berechnen. Bei TOA enthält das Signal einen Zeitstempel. Mit Hilfe dieses Zeitstempels, der Eingangszeit und der bekannten Ausbreitungsgeschwindigkeit des Signals kann der Adbstand berechnet werden. TDOA ist eine Verbesserung von TOA. Hierbei wird die der gleiche Informationssatz wie bei TOA zusätzlich mit Referenzdaten bekannter Punkte verglichen um die Präzision zu erhöhen (Referenzdaten werden häufig in der Offlinephase gewonnen). Weitere detailreiche Beschreibung der Auswertung von gemessenen Informationen findet man zum Beispiel unter Quelle[6]. Aufgrund des Umfangs wird hier nicht weiter darauf eingegangen.
Systeme
Folgender Abschnitt beinhaltet kurze Beschreibungen verschiedener Systeme, die so gewählt wurden, dass Vertreter verschiedene Technologien vertreten sind. Das LEASE System wird in einigen Aspekten ein wenig ausführlicher beschrieben um ein Beispiel zu geben wie alle Anforderungen an ein Indoor Location System durch geschickte Konzeption erfüllt werden können.
Active Badge[3]:
Active Badge ist ein reines Infrarot System. Das System ist "infrastructure-based". Es erlaubt dem System zu bestimmen in welchem Raum sich ein Objekt befindet. Komplexe Techniken zur Standortbestimmung sind nicht nötig, somit entfällt auch eine Onlinephase. Es befindet sich in jedem Zimmer ein Sensor. Da IR-Strahlung von Wänden absorbiert wird befindet sich das Objekt in dem Zimmer in dem sein Signal empfangen wird. Durch diese simple Funktionsweise ist das System einfach zu warten und erweitern (neue Räume benötigen lediglich einen zusätzlichen Sensor und eine Anbindung an den Server). Die IR Sender sind sehr günstig in der Anschaffung und relativ klein eignen sich also auch um Personen zu markieren, die durch den kleinen Sender wenig beeinträchtigt werden. Ein Nachteil ist die geringe Reichweite der IR Strahlung von wenigen Metern. Für große Fabrikhallen scheidet dieses System also aus. Das gleiche gilt für alle Szenarien in denen die Position eines Objekts im Raumes oder dessen Orientierung von Bedeutung sind.
Wips[3]:
Wips ist, für alle Bekange der Positionsbestimmung, genauso wie "Active Badge" ein Infrarot System. Das System ist "client-based". In Szenarien in denen Privacy Aspekte eine Rolle spielen ist Wips Active Badge also überlegen. "Wips" nutzt WLAN um Positionsdaten die vom Empfänger am Objekt ermittelt werden um diese an den Server zu übermitteln. Die Sensoren die an den Objekten angebracht werden sind jedoch aufwendiger und damit teurer. Da WLAN in den meisten Einrichtungen vorhanden ist entstehen hier meist keine zusätzlichen kosten. Durch Verschleiß oder Verlust der Sensoren können die Betriebskosten also erheblich höher liegen als bei Active Badge.
SpotON[3]:
SpotON nutzt aktive RFID Tags[7] und passende Sensoren. Das System ist "infrastructure-based". RFID Tags besitzen eine größere Reichweite als IR Sender. Es werden je Situationsabhängig weiter oben beschriebene Techniken zu Positionsbestimmung verwendet. Dadurch wird die Trennung in Offline- und Onlinephase nötig. Eine Bestimmung der Postion mit einer Genauigkeit von 3m ist deutlich besser als bei Wips/Active Badge. Da aber keine Vorhandenen Ressourcen genutzt werden ist das System in der Anschaffung und Installation teurer. Auch eine veränderungsbedingte wiederholte Offlinephase trägt zu erhöhtem Betriebsaufwand bei und beeinträchtigt die Skalierbarkeit.
Active Bat[3]:
Active Bat arbeitet mit Ultraschall. Das System ist "infrastructure-based". Jedes Objekt trägt einen Ultraschall Sender. An den Decken der Räume sitzen dazu passende Sensoren (mehrere Sensoren in jedem Raum. Die Sender geben ein Ultraschall Signal ab nachdem sie vom Server per Funk dazu aufgefordert wurden. Das System ist sehr präzise (auf 10 cm genau) aber auch sehr teuer in Anschaffung und Betrieb. Es werden keine Vorhandenen Ressourcen genutzt.
Cricket[3,5]:
Cricket nutzt Ultraschall und Funk Signale. Das System ist "client-based". Die Kombination der Verschiedenen Techniken erhöht die Zuverlässigkeit (einige Umwelteinflüsse die das Funksignal beeinträchtigen stören Ultraschall nicht und umgekehrt). Das System ist zwar weniger genau als "Active Bat" aber immer noch als relativ genau ein zu stufen [3]. Der größte Nachteil des Systems ist der Hohe Energieverbrauch [5], was den Einsatz in großem Umfang zu teuer macht.
LEASE[1]:
LEASE nutzt WLAN zur Positionsbestimmung. Das System ist "infrastructure-based". LEASE wurde für den Einsatz in sehr großen Gebäudekomplexen konzipiert. Zur Standort Bestimmung wird Trilateration angewendet. Zur Abstandsbestimmung wird RSS verwendet, da die Messung der Signalstärke mit den meisten WLAN Accesspoints vorgenommen werden kann (Theoretisch wäre auch Triangulation möglich, da hierfür aber besondere Sensoren benötigt würden haben die Entwickler sich dagegen entschieden). Jedes Objekt wird mit einem WLAN Sender bestückt. Außerdem werden im Gebäude weitere stationäre Sender platziert. Eventuell vorhandene Accespoints werden als Empfänger in des System Integriert. Diese werden üblicherweise durch weitere Sensoren ergänzt. Die stationären Sender senden in einem festgelegten Intervall Signale die ihre ID beinhalten. Die Standorte der stationären Sender für jedes Stockwerk auf dem Server als x/y-Koordinaten gespeichert. Außerdem wird bei jedem Signal eine Signatur jedes stationären Senders erstellt. Unterscheidet sich diese maßgeblich von der Signatur im letzten Durchlauf wird die neue auf dem Server gespeichert. Der Standort eines mobilen Senders wird immer relativ zu den stationären Sendern bestimmt, deren Signaturen seiner am ähnlichsten sind. Auf diesem weg ist es möglich, dass LEASE, obwohl es Trilateration nutzt, keine Offlinephasen benötigt. Verändern sich die Umwelbedingungen wirkt sich dies auch auf die stationären Sender aus, wodurch die "Karte" des Gebäudes automatisch erneuert wird. Auf diese weise reagiert LEASE auch auf Erweiterungen des Systems. Da Umweltveränderungen von LEASE automatisch berücksichtigt werden ist es weitgehend unabhängig von der Gebäudestruktur (dies gilt natürlich nur solange von jedem Punkt aus ein Sensor erreicht werden kann). Baumaßnahmen innerhalb des Gebäudekomplexes erfordern also nicht zwingend eine Veränderung am System. Speichert man nun die x/y-Koordinaten eines stationären Senders nicht auf dem Server sondern im Sender und fügt diese Information den Datenpaketen hinzu die im regelmäßigen Intervall gesendet werden, so erreicht man eine freie Erweiterbarkeit des Systems ohne großen Aufwand. Die Signatur eines neuen stationären Senders wird einfach beim ersten Eingang seines Signals in die Liste aufgenommen und bei weiteren Operationen in die Berechnungen einbezogen. Die Sender und Sensoren für das LEASE System sind sehr billig (da sich WLAN inzwischen etabliert hat sind Bauteile aus der Massenproduktion zu beziehen). Außerdem werden die in großen Gebäudekomplexen häufig vorhandenen Accesspoints in das System integriert. LEASE ist also ein sehr kostengünstiges System mit guter Skalierbarkeit bei einer durchschnittlichen Abweichung von ca. 4,5 Metern.
Literaturvezeichniss
[1]P. Krishnan, A. S. Krishnakumar, Wen-Hua Ju, Colin Mallows, Sachin Ganu: Location Estimation Assisted by Stationary Emitters for Indoor RF Wireless Networks
[2]R. Zimmermann: Lokalisierung mobiler Geräte, Seminar Mobile Computing, ETH Zürich, 2001
[3]Irene Ehrlich: IndoorLocalization; 06.07.2006
[4]Gérard Lachapelle: GNSS Indoor Location Technologies
[5]Hari Balakrishnan, Roshan Baliga, Dorothy Curtis, Michel Goraczko, Allen Miu, Bodhi Priyantha, Adam Smith, Ken Steele, Seth Teller, Kevin Wang: Lessons from Developing and Deploying the Cricket Indoor Location System
[6]Youngjune Gwon, Ravi Jain, and Toshiro Kawahara: Robust Indoor Location Estimation of Stationary and Mobile Users
[7]http://de.wikipedia.org/wiki/Rfid