Touch Screen Technologien
1. Geschichte
Der erste "touch sensor" wurde von Dr. Sam Hurst im Jahre 1971, während seiner Arbeit als Dozent an der Kentucky Universität, entwickelt. Dieser Sensor, genannt "Elograph", wurde durch die "University of Kentucky Research Foundation" patentiert. Der "Elograph" war nicht transparent wie moderne Touch Screens, jedoch war es ein signifikanter Meilenstein in der Touch Screen Technologie. 1974 entwickelte Hurst dann den ersten richtigen Touch Screen mit transparenter Oberfläche. [1]
2. Was ist ein Touch Screen?
Ein Touch Screen ist ein leicht zu benutzendes Inputgerät, welches dem User erlaubt auf sehr einfache Art und Weise, durch Drücken auf bestimmte Bereiche eines Computerbildschirms, den Ablauf eines Programms zu steuern. Im Gegensatz zu den klassischen Eingabegeräten Tastatur und Maus wird beim Touch Screen der Finger oder ein Zeigestift verwendet. [2]
Als Analogon zu dem Mausklick wird ein kurzes Tippen auf dem Bildschirm ermöglicht. Der Berührungspunkt wird als Cursorfokus bezeichnet. Weiterhin ist es möglich durch Drücken und Ziehen bzw. nur Ziehen des Fingers/Stifts über den Touch Screen Auswahl- und Drag&Drop Operationen durchzuführen.
3. Wie funktioniert der Touch Screen?
Der Standard Touch Screen besteht aus 3 Komponenten: Touchsensor, Kontroller und dem Softwaretreiber. Da es sich hierbei um ein Inputgerät handelt, muss dieses noch mit einem Bildschirm und PC kombiniert werden um ein vollständiges Inputsystem zu bilden. [3]
a) Touchsensor: Der Touchsensor ist eine klare Glasscheibe mit druckempfindlicher Oberfläche. Diese platziert man über den Bildschirm, so dass der empfindliche Teil der Scheibe ganz genau den sichtbaren Teil des Bildschirms überdeckt. Durch den Sensor fließt in der Regel elektrischer Strom, so dass man durch die Berührung des Bildschirms einen Spannungs- bzw. Signalwechsel hervorruft. Dieser Spannungswechsel dient dazu zu bestimmen welcher Teil des Touch Screens berührt wurde. Allgemein wird diese Methode zur Bestimmung des Berührpunkts benutzt, jedoch gibt es auf dem Markt viele verschiedene Touch Screen Technologien, die unter Umständen andere Vorgehensweise haben.
b) Kontroller: Der Kontroller ist eine kleine PC-Karte, die dazu dient die vom Touch Screen empfangenen Informationen für den PC zu übersetzen. Er ist sozusagen die Schnittstelle zwischen dem Touchsensor und dem PC. In der Regel ist der Kontroller entweder im Monitor installiert oder er kommt in einer Plastikhülle bei den externen Touch Add-ons. Falls der Kontroller schon im Monitor integriert ist, so hat der Monitor eine extra Schnittstelle für den Touch Screen, die man mit einem Kabel mit dem PC (Serial/COM Port oder USB) verbindet.
c) Softwaretreiber: Der Softwaretreiber ist ein Update für den PC damit dieser die vom Kontroller gelieferten Daten richtig interpretieren kann. Der Treiber wird heutzutage meistens als Mausemulator programmiert. Somit kann man die Touchevents als Mausevents ansehen. Das Berühren des Touch Screens an einer bestimmten Stelle wird also einem Mausklick an derselben gleichgesetzt. Touch Screen spezifische Programmierung wird mit Hilfe dieses Tricks geschickt umgangen und man kann neue Applikationen ohne größere Probleme angehen.
3. Wo werden Touch Screens verwendet?
Die Touch Screens kommen zum Einsatz als Info-Monitore in großen Kaufhäusern und Messen zur besseren Orientierung, auf Bahnhöfen als Fahrplanauskunft, bei Banken in Geldautomaten, in Autos als Multifunktionsdisplay, bei Apotheken und Reiseveranstaltern für detaillierte Informationen, in Selbstbedienungsrestaurants als Kassen zum schnellen Abrechnen, in PDA’s, für Menschen, die Probleme mit anderen Inputgeräten (Tastatur, Maus) haben usw. Darüber hinaus werden Touch Screens auch im Entertainment Bereich bei Spielautomaten oder tragbaren Videospiel-Konsolen (Nintendo DS) eingesetzt. Zwei weitere konkrete Beispiele wären der Quick-Check-In für das schnelle Einchecken am Flughafen [4] oder Kiosksystem im Handel zum schnellen Finden der gewünschten Druckerpatrone [5]
4. Welche Touch Screen Technologien gibt es?
4.1 Analog Resistive Touch Screens
Analoge Systeme bestehen aus zwei gegenüberliegenden leitfähigen Indiumzinnoxidschichten (ITO) − x und y Schicht. Diese werden mit einer konstanten Gleichspannung angesteuert. Bei Indiumszinnoxid handelt es sich um ein halbleitendes, transparentes Material. Trennung der zwei Schichten wird durch die vielen kleinen und kaum sichtbaren Abstandshalter, die sich zwischen den zwei ITO-Schichten befinden, gewährleistet. Diese Abstandshalter werden auch Spacer-Dots genannt.
4.1.1 4-Wire Resistive Touch Screens
Bei 4-Wire Systemen verfügt das Touch Screen über 4 Kanäle zum Kontroller. Drückt man nun den Bildschirm an einer Stelle, so wird zwischen den zwei ITO-Schichten Kontakt hergestellt. An dieser Stelle bildet sich ein elektrischer Kontakt und es entsteht ein Widerstand, der wiederum Veränderung der Spannung bewirkt mit der man die Koordinaten des Berührpunktes genau bestimmen kann. Die resultierenden x, y Koordinaten leitet der Kontroller weiter an den PC.
4-Wire Resistive Touch Screens sind in der Regel am günstigsten zu bekommen. Sie können in verschiedenen Umgebungen eingesetzt werden, obwohl die Präzision geringer ist als bei den anderen Touch Screen Technologien. Dieser Screentyp wird empfohlen für Privatpersonen, Schulen, Büros und weniger anspruchsvolle Verkaufsorte.
Vorteile: Berührung - Hohe Auflösung, Drucksensitiv, Nicht durch Schmutz, Staub, Wasser oder Licht angreifbar, Günstige Technologie, Niedriger Stromverbrauch (gut für mobile Geräte)
Nachteile: 75% Genauigkeit, Resistive Oberflächen können mit scharfen Objekten beschädigt werden, Weniger haltbar als 5-Wire Resistive Technologie
4.1.2 5-Wire Resistive Touch Screens
Die Ungenauigkeit durch Materialinhomogenitäten sowie der Einfluss von Leckströmen auf der Messelektrode werden bei 5-Wire Resistive Touch Screens verringert. Dies wird dadurch erreicht, dass nur die rückwärtige Elektrode (aus Glas) widerstandsbeschichtet ist, während die Frontfolie ideal leitet. Während die Frontelektrode nur noch als Messelektrode für den Spannungsteiler dient, werden die Ecken der Rückelektrode kontaktiert. Die in der Frontelektrode evtl. entstandenen Leckströme der Messeinrichtung bewirken so keinen Spannungsabfall. Die Rückelektroden werden bei Berührung in 2 Zyklen erst horizontal dann vertikal mit Spannung versorgt, während jeweils die nicht betroffenen Ecken auf Masse gelegt werden um Störungen der Messung zu vermeiden.
Vorteile: Berührung - Hohe Auflösung, Drucksensitiv, Nicht durch Schmutz, Staub, Wasser oder Licht angreifbar, Haltbarer als 4-Wire Resistive Technologie
Nachteile: 75% Genauigkeit, Resistive Oberflächen können mit scharfen Objekten beschädigt werden
4.2 Surface Wave Touch Screens
Surface Wave Technologie benutzt Überschallwellen, welche über der Oberfläche des Touchscreens gleiten. Wenn die Glasscheibe berührt wird, wird ein Teil der Wellen absorbiert. Diese Veränderung der Wellen wird vom Kontroller registriert und die x, y Koordinaten werden an den PC weitergeleitet. Funktionalität des Touch Screens kann durch auf dem Bildschirm liegende Gegenstände beeinträchtigt werden. Weiterhin kann der Surface Wave Touch Screen leicht beschädigt werden.
4.3 Kapazitive Touch Screens
Ein Kapazitiver Touch Screen besteht aus einer Glasscheibe, deren Oberfläche mit einem kapazitiven (Ladungsspeicherndem) Material beschichtet ist. Wenn nun jemand mit seinem Finger (menschlicher Körper speichert auch Ladung) den Bildschirm berührt, wird diese Verzerrung der Kapazität durch die elektronischen Schaltkreise, die sich in jeder Ecke befinden, gemessen und das Resultat an den Kontroller zur Weiterverarbeitung geschickt.
Vorteile: Berührung - Hohe Auflösung, Nicht durch Schmutz, Staub, Wasser oder Licht angreifbar, Hohe Bildqualität
Nachteile: Muss mit Finger berührt werden
4.4 DST − Dispersive Signal Technology
Die DST unterscheidet sich völlig von den bisherigen Touch Screen Technologien, denn die Berührungen werden durch Vibrationen auf Trägermaterial erkannt. Dadurch werden die Touch Screens belastungsfähiger und dank DST werden ungewollte Eingaben, Aufstützen der Handflächen oder Abstellen eines Getränks auf der Oberfläche, ignoriert. In DST werden die besten Eigenschaften der etablierten Techniken verbunden: hervorragenden Lichtdurchlässigkeit, Genauigkeit, Unterschriftenerfassung, Stiftunterstützung und ausgezeichnete Langlebigkeit durch eine ganz aus Glas bestehende Oberfläche.
Die Vibrationsenergie wird von den in jeder Ecke des Touch Screens sitzenden Sensoren gemessen und anschließend werden die gesammelten "Daten mittels hoch entwickelter Algorithmen zur Dispersionsanalyse ausgewertet und jeder Berührungspunkt genau gemeldet".[6] Dieses Konzept ermöglicht es Berührungen von Finger oder Stift von den auf dem Touch Screen sich abstützenden Person oder eines Gegenstandes, der auf den Bildschirm abgestellt wird, zu unterscheiden, denn diese erzeugen im Gegensatz zu der Berührung des Fingers keine Vibrationsenergie und werden dementsprechend einfach ignoriert.
Somit spricht viel für die DST Technologie. Sie ist fehlersicher, überzeugender und gegen Beschädigungen resistenter.
Dispersion (Streuung) erklärt: Dispersion ist das Phänomen, dass die Geschwindigkeit einer gebeugten Welle, die sich in solidem Material ausbreitet, von der Frequenz der Welle abhängt. Eine Vibration, verursacht durch eine Berührung, generiert eine Vielzahl von gebeugten Wellen im Trägermaterial, alle mit unterschiedlicher Frequenz. Wegen der Dispersion breiten sich diese gebeugten Wellen bis zu den Glaskanten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die Sensoren, die in den Kanten verbaut sind, nehmen zuerst die Wellen mit hoher Frequenz wahr, die Wellen mit kleinerer Frequenz kommen später an. Es entsteht ein Schmiereffekt, der sich noch mit den Reflektionen der internen Struktur des Glasträgers vermischt. Im Träger scheint eine Art Chaos zu entstehen, in dem jede Welle eine andere stört.
Man kann jedoch erfolgreich mit Hilfe von sehr ausgeklügelten und komplizierten Algorithmen es schaffen, den Dispersionseffekt auszurechnen und somit das Signal ganz klar zu lokalisieren.
6. Interessante Studie
An dieser Stelle ein Zitat von Andrew Sears, Ben Shneiderman aus dem Jahre 1989. Eine sehr schöne Einschätzung der Touch Screen Technologie. Um die Authentizität des Textes zu gewährleisten, verzichte ich auf die Übersetzung:
"These results may have a significant impact on the number and type of applications that Touch Screens are used for. Knowledge of the effect stabilization has on Touch Screen accuracy and speed will allow designers to include Touch Screens in applications requiring rapid performance, high precision, and low error rates. The performance achieved with the Touch Screen in this experiment should be attainable by any designer, making it a desirable input device for many applications. The results obtained from these experiments indicate that although both the mouse and Touch Screen could be used, neither is adequate for selection of single pixel targets. Additional research is necessary for selection tasks involving targets of this small size.
More applications could be designed using Touch Screens, taking advantage of their simple operation, ease of learning, rapid performance, and potentially low error rates. Another direction would be to develop software to replace existing mouse drivers, allowing a Touch Screen to be used with many applications that currently use a mouse. These results indicate that the Touch Screen can easily be used for character selection in word processors, and possibly even for graphics design. Most graphics packages include a zoom option which allows the user to examine a magnified screen image which would make the Touch Screen adequate for these applications." [7]
5. Wie sieht die Zukunft aus?
Es wird zurzeit intensiv an der Multi-Touch Technologie geforscht. "It is a rich area for research, and we are extremely excited by its potential for advances in efficiency, usability, and intuitiveness" [8]. Diese Technologie erkennt mehrere simultane Berührpunkte, oft inklusive der Druckintensität, Winkel und Position für jeden Punkt. Damit wird es möglich Interaktion mit mehreren Fingern bzw. Händen oder auch mehreren Nutzern zu realisieren. Die Interaktion mit dem Gerät wird dadurch deutlich verbessert indem direkte Manipulationen und intuitive Gesten ermöglicht werden (iPhone) [9]
Die Entwicklung von Touch Screens geht weiterhin in die Richtung der verbesserten Mensch-Maschine-Interaktion, jedoch mit der Erweiterung, dass gleichzeitig mehrere User mit dem System interagieren können. Wenn man sich anschaut, dass es heute schon Mobile Telefongeräte mit nur 2/3 Buttons gibt, dann kann man ungefähr die Richtung der Entwicklung voraussehen ... mal sehen was die Zukunft bringt.
Verwendete Quellen, weiterführende Links:
[1] http://inventors.about.com/library/inventors/bltouch.htm
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Touch Screen
[3] http://www.touchscreens.com/introduction.html
[4] http://www.elotouch.de/markets/casestudies/gluftab.asp
[5] http://www.elotouch.de/markets/casestudies/mediaMarkt.asp
[6] http://solutions.3m.com/wps/portal/3M/de_DE/TouchScreens/Home/ProdInfo/ScreenTech/DST/
[7] Andrew Sears, Ben Shneiderman. High Precision Touch Screens: Design Strategies and Comparisons with a Mouse. Department of Computer Science, Human-Computer Interaction Laboratory. January 23, 1989
[8] http://cs.nyu.edu/~jhan/ftirtouch/
[9] http://www.usernomics.com/news/2007/01/iphone-multi-touch-and-death-of-button.html
http://www.elotouch.com/Solutions/CaseStudies/default.asp