Indoor Location Systems
von Christian Köpke
1.Begriffserklärung
Indoor Location Systems sind Anwendungen, die es dem Benutzer ermöglichen, innerhalb von geschlossenen Räumen zu navigieren. In Räumen ist es meistens nicht möglich, mit GPS (Global Positioning System) zu navigieren. Daher kam es zur Entwicklung von Indoor Location Systems, die dazu verwendet werden können, um in geschlossenen Räumen den eigenen oder andere Standorte zu bestimmen. Um Indoor Location Systems benutzen zu können, muss man die gewünschten Räume mit einer Infrastruktur ausstatten. Diese kann z.B. aus WLAN-Access-Points oder Ultraschall-Empfangsgeräten bestehen. Alle diese Technologien haben gemeinsam, dass sie drahtlos Senden und Empfangen. Für Indoor Location Systems gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Technologien, auf die ich später genauer eingehen werde. Um Signale empfangen zu können, braucht der Benutzer ein Empfangsgerät, z.B. ein PDA. Zur Berechnung des Standortes können verschiedene Algorithmen verwendet werden, die ich in dieser Arbeit vorstellen werde.2.Anwendungsgebiete
Für Indoor Location Systems gibt es viele Anwendungsgebiete. Sie können in Museen eingesetzt werden, um es den Besuchern zu ermöglichen, innerhalb des Museums zu den Sehenswürdigkeiten ihrer Wahl zu finden. Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Krankenhäuser, wo Indoor Location Systems von Ärzten dazu genutzt werden können, um einen bestimmten Patienten oder wichtige medizinische Geräte möglichst schnell zu finden.3.Verschiedene Übertragungstechnologien:
Für Indoor Location Systems gibt es viele verschiedene Technologien, mit denen der Benutzer durch sein Empfangsgerät Informationen von der Infrastruktur empfangen oder auf diese Übertragen kann. Diese werde ich im Folgenden genauer betrachten.Infrarot:
Der Benutzer hat einen Sender (auch Tag genannt) bei sich, der Infrarot-Wellen ausstrahlt. Diese werden von optischen Sensoren aufgefangen, die im Raum angebracht sind. Diese Sensoren melden ihre Empfangswerte an den Server, der daraus die Position berechnet. Da die Lichtwellen von den Wänden reflektiert werden, ist die Lokalisation mit Infrarot relativ genau. Es gibt allerdings auch Probleme, wenn man den Sender in die Hosentasche steckt, vermindert sich die Empfangsqualität deutlich. Außerdem ist es nötig, sehr viele optische Sensoren anzubringen. Die Genauigkeit von Infrarot-Sensoren liegt bei ca. 5-10m.Radiowellen (RFID):
RFID steht für Radio Frequency Identification. Dabei gibt es einen Datenträger, das RFID-Tag (oder Transponder) , der einen Chip und eine Antenne besitzt und ein Lesegerät, das aus einer Antenne und einem Decoder besteht. Die Lesegeräte werden in der Infrastruktur des Gebäudes zur Datenerfassung angebracht. Jedes Tag besitzt eine eigene ID, darüber können verschiedene Benutzer vom System lokalisiert werden. Weiterhin unterscheidet man noch zwischen aktivem und passivem RFID-Transponder. Der aktive RFID-Transponder hat eine Batterie eingebaut und daher auch eine Reichweite von mehreren Metern. Er überträgt seine ID aktiv nach der Abfrage durch das Lesegerät. Er ist allerdings teurer als der passive Transponder. Der passive RFID-Transponder hat keine Batterie, er bezieht seine Energie vom Lesegerät. Daher beträgt die Reichweite auch nur etwa 60 cm. Die ID des Tags wird vom Lesegerät abgefragt. Die passiven Transponder sind sehr billig und auch kleiner als die aktiven, dafür sind allerdings die entsprechenden Lesegeräte teurer.Ultrahochfrequenz-Wellen (UHF):
Systeme, die Ultrahochfrequenz-Wellen benutzen, operieren entweder auf einem Frequenzband von ca. 433 MHz oder von 868 MHz. Auf diesen Frequenzen ist die Dämpfung, die durch das Auftreffen der Schallwellen auf die Wände entsteht relativ schwach. Dadurch kann das Problem entstehen, das die Welle auch von einer Antenne aus dem Nachbarzimmer registriert wird. In diesem Fall sollte man relativ wenige Empfänger in den Räumen verteilen. Dann kann aus der Intensität des Signals geschlossen werden, ob es aus dem Zimmer kommt, wo der Empfänger befestigt ist, oder aus einem Nachbarzimmer.Kombination aus UHF und Infrarot:
Durch die Kombination von Infrarot und Ultrahochfrequenz-Wellen kann man die Vorteile beider Technologien miteinander kombinieren. Die hohe Reichweite von UHF und die große Genauigkeit in Räumen von Infrarot macht diese Kombination vielversprechend. Sie wird allerdings in der Praxis bisher kaum genutzt.Ultra Breitband (UWB):
Beim Ultra-Breitband-Verfahren (Ultra Wide Band) werden sehr kurze Impulse mit der Länge von ca. 1ns verschickt. Den Namen hat es daher, dass eine sehr große Bandbreite verwendet wird, in der Regel mehr als 500 MHz. Durch die Kürze der Impulse folgt, dass sie sehr genau sind und kaum Energie verbrauchen. 2004 existierte noch kein Standard für Ultra-Breitband, aber aufgrund der zuvor genannten Gründe wird es eine sehr leistungsfähige Technologie werden.WLAN (IEEE 802.11b):
Da WLAN sich inzwischen als der Standard im Bereich von schnurlosen Netzwerken etabliert hat, liegt es nahe, diese bereits vorhandenen Strukturen auch für Indoor Location Systems zu verwenden. Die Bitrate liegt normalerweise bei 11Mb/s, die Reichweite eines WLAN-Routers beträgt zwischen 50 und 100 Metern. WLAN wird inzwischen schon zu diesem Zweck eingesetzt, die Genauigkeit der Positionsbestimmung liegt bei ca. 2m. Ein Problem bei WLAN ist, dass die Tags relativ unhandlich sind und viel Energie verbrauchen.Bluetooth (IEEE 802.15):
Bluetooth ist im Vergleich zu WLAN ein neuerer drahtloser Netzwerkstandard, welcher das 2,4 GHz ISM Band benutzt. Verglichen mit WLAN hat Bluetooth eine geringere Bitrate (ca. 1Mb/s) und eine geringere Reichweite, zwischen 10 und 15 Metern. Andererseits hat Bluetooth auch Vorteile WLAN gegenüber: es ist standardmäßig bei fast allen Handys und PDAs neueren Typs dabei. Außerdem unterstützt es neben IP noch andere Netzwerkdienste. Es gibt Bluetooth-Tags als kleine Transceiver, die in die Hosentasche passen. Jedes Bluetooth-fähige Gerät hat eine eindeutige ID, worüber es geortet werden kann.Kombination aus Bluetooth und Infrarot:
Wie schon bei der Kombination aus ultrahochfrequenten Wellen und Infrarot geht es hier darum, die Vorteile beider Technologien zu kombinieren. Bluetooth hat im Freien eine Genauigkeit von ca. 2 Metern. In Räumen kann es allerdings zu Ortungsfehlern kommen, da die Wellen durch die Wände nicht vollständig reflektiert werden. Deshalb kann man zusätzlich Infrarot verwenden, welches von den Wänden zurückgeworfen wird. Auf diese Weise können Fehler bei der Bestimmung des Aufenthaltsraumes des Benutzers vermieden werden.GSM Fingerprints:
Das Global System for Mobile Communication (GSM) ist ein flächendeckendes Mobilfunknetz. Im Vergleich zu WLAN-Netzen hat es eine viel größere Abdeckung. Da heutzutage fast jeder ein Mobilfunktelefon besitzt, ist es naheliegend, ein Indoor Location System mit Handys als Komponenten aufzubauen. Es gibt noch andere Punkte, die für GSM sprechen: da GSM eine lizensierte Frequenz benutzt, können keine Interferenzen mit Geräten auftreten, die eine ähnliche Frequenz haben. Des weiteren ist das GSM-Netz an sich relativ stabil, es werden nur selten Änderungen daran vorgenommen, was den Vorteil hat, dass ein häufiges Rekalibrieren des Indoor Location Systems nicht nötig ist. Beim Erstellen des "Fingerabdrucks" werden die Signalstärken von GSM-Kanälen gemessen. Dabei werden die Werte der 6 stärksten Funkzellen zusammen mit bis zu 29 schwächeren GSM-Kanälen betrachtet. Diese schwächeren Kanäle können zwar empfangen werden, sind aber für eine Kommunikation nicht geeignet. Durch diese zusätzlichen Werte wird die Positionsbestimmung sehr genau, die durchschnittliche Abweichung liegt bei ca. 2,5 Metern. Mit GSM Fingerprints kann sogar das Stockwerk bestimmt werden, in dem sich die Person mit dem Empfangsgerät aufhält.Power Line Positioning:
Bei dieser Technik wird ein Indoor Location System auf Grundlage des Stromnetzes erstellt. Das hat den Vorteil, dass Stromnetze in fast allen Gebäuden vorhanden sind und es nicht nötig ist, eine Infrastruktur für das Indoor Location System aufzubauen. Dafür werden im Gebäude zwei Geräte installiert, die Signale generieren und diese durch die Stromleitung schicken. Diese Signalgeneratoren werden an zwei möglichst weit voneinander entfernten Stellen im Gebäude in die Steckdosen gesteckt. Sie senden von dort aus Signale durch die Stromleitung, die ein Empfangsgerät aufnehmen kann. Beide Geräte erzeugen Töne mit unterschiedlicher Frequenz, damit die Signale unterschieden werden können. Das tragbare Empfangsgerät hat einen Detektor eingebaut, ähnlich einem Leitungssuchgerät. Dieser Detektor nimmt die Signale auf und erstellt daraus einen "Fingerabdruck". Dieser wird an eine Basisstation gesendet, die dann aus dem Fingerabdruck die aktuelle Position berechnet und an das Empfangsgerät zurücksendet. Bei einer Aufteilung der Räume in 3 Meter große Zellen liegt die Quote für eine korrekte Lokalisierung bei ungefähr 90%.4.Methoden und Algorithmen zur Positionsbestimmung
Unabhängig von der Technik und dem Medium, die für das Indoor Location System verwendet werden, gibt es verschiedene Methoden und Algorithmen, durch die man aus den empfangenen Signalen die Position des Senders bestimmen kann. Im folgenden werde ich Proximity Detection, Ankunftswinkel (Angle of Arrival) und Ankunftszeit (Time of Arrival) betrachten. Darüber hinaus gibt es noch andere Möglichkeiten zur Positionsbestimmung wie z.B. die Fingerprints, auf die ich schon bei den Technologien GSM Fingerprints und Power Line Positioning eingegangen bin.Proximity Detection:
Die Voraussetzung für die Anwendung dieser relativ einfachen Methode ist eine grosse Anzahl von Antennen oder Detektoren. Der Standort dieser Geräte ist dem System bekannt. Wenn nun ein Detektor ein Signal empfängt, so bedeutet dies, dass sich die Person mit dem Sender (oder Tag) in unmittelbarer Nähe des Detektors befindet. Die Position des Detektors wird dann als Position des Signals gesehen. Sprechen mehrere Antennen oder Detektoren auf ein Signal an, so ist der Signalgeber am Nächsten zu dem Detektor, der das Signal am Stärksten empfängt. Diese Methode ist relativ einfach zu implementieren, sie wird für verschiedene Medientypen verwendet. Der Nachteil ist, dass man eine grosse Anzahl von Empfangsgeräten benötigt. Am häufigsten wird die Proximity Detection bei RFID und bei Infrarot eingesetzt.Angle of Arrival (Ankunftswinkel):
Bei Angle of Arrival geht es darum, die Position des Senders mit Hilfe von Winkeln zu berechnen. Dabei werden von wenigen Empfängern (mindestens 3 für 3-dimensionale Ortung) die Einfallswinkel der Signale gemessen. Da die Entfernung der einzelnen Empfänger dem System bekannt sind, kann es nun aus diesen Winkeln per Triangulation die Entfernung des Senders berechnen. Die Werte von Angle of Arrival sind nicht sehr exakt, da die Auflösung für die Messung der Winkel in den Empfangsgeräten nicht sehr hoch ist. Außerdem werden in Räumen die Signale normalerweise stark reflektiert, wodurch eine zusätzliche Ungenauigkeit zustande kommt.Time of Arrival (Ankunftszeit):
Der Time of Arrival-Algorithmus gleicht dem Angle of Arrival-Algorithmus darin, dass auch nur wenige Werte für die Positionsbestimmung benötigt werden. Allerdings geht es dabei um die Zeit, die ein Signal vom Sender zum Empfänger benötigt. Dafür sendet die Empfängerstation ein Signal an das tragbare Tag, welches dieses veranlasst, eine Antwort zurückzusenden. Die Zeit, die das Signal benötigt, um die Empfängerstation zu erreichen wird dann zur Berechnung verwendet. Aus der Zeit kann die Entfernung berechnet werden, da die Schall- bzw. Lichtgeschwindigkeit bekannt ist. Dann kann man wieder mit 3 Werten mit Hilfe der Trilateration den genauen Standort des Senders im Raum bestimmen. Time of Arrival ist die genaueste der vorgestellten Methoden, sie ist jedoch auch am schwierigsten zu implementieren. Sowohl die Empfängerstation als auch das mobile Tag müssen so modifiziert werden, dass der oben beschriebene Ablauf durchgeführt werden kann und die benötigten Daten erhalten werden.5.Fazit
Indoor Location Systems sind eine relativ junge Technologie, die Forschung ist hier noch lange nicht am Ende. Man kann trotzdem eine Art Evolution bei der Verwendung verschiedener Techniken und Medien betrachten. Am Anfang verwendete man hauptsächlich Technologien wie RFID, Ultrahochfrequenz-Wellen (UHF) oder Infrarot. Dafür mussten sehr viele Empfängerstationen im Gebäude angebracht werden, der Aufwand und die Kosten dafür sind ziemlich hoch. Um ein Indoor Location System einzurichten, musste am Anfang die notwendige Infrastruktur dafür geschaffen werden. Heute versucht man, schon bestehende Infrastrukturen und Systeme zu nutzen. Bei Bluetooth nutzt man die Tatsache aus, dass diese Technologie von vielen Geräten unterstützt wird, hauptsächlich von Mobiltelefonen. Damit sind wir auch schon bei einer weiteren Entwicklung: früher wurden für die Systeme extra teure Tags konstruiert, heute nutzt man vorhandene Geräte wie Mobiltelefone oder PDAs. Für WLAN ist in Städten und dicht besiedelten Gebieten schon eine Infrastruktur vorhanden, allerding gibt es hier Probleme in ländlichen Gebieten. Außerdem braucht man dafür auch wieder ein spezielles Tag für den Empfang. Sehr vielversprechend sind die neuen Systeme, die auf "Fingerabdrücken" basieren. Da GSM fast überall verfügbar ist und sich in jedem Gebäude Stromleitungen befinden, kann man fast überall Systeme basierend auf GSM Fingerprints und Power Line Positioning aufbauen. Je einfacher und kostengünstiger die Installation eines Indoor Location Systems ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass es auch für einen großen Teil der Bevölkerung interessant wird.Quellen:
- The Cricket Indoor Location System, http://cricket.csail.mit.edu/ (25.01.07)
- Indoor Location System, http://www.equator.ac.uk/index.php/articles/536 (25.01.07)
- Bristol Indoor Location System, http://www.toolkit.equator.ecs.soton.ac.uk/infrastructure/repository/bils/web/index.html (25.01.07)
- Indoor positioning solutions, http://www.radianse.com/technology.html (25.01.07)
- The Bat Ultrasonic Location System, http://www.cl.cam.ac.uk/research/dtg/attarchive/bat/ (25.01.07)
- RFID kurz erklärt, http://www.barcode-fonts.de/wasistrfid.htm (25.01.07)
- GSM-Mobilfunk, http://www.bsi.bund.de/literat/doc/gsm/index.htm (25.01.07)
- Shwetak N. Patel, Khai N. Truong, and Gregory D. Abowd: PowerLine Positioning: A Practical Sub-Room-Level Indoor Location System for Domestic Use, http://www.shwetak.com/papers/plp_ubicomp06.pdf (25.01.07)
- Veljo Otsason, Alex Varshavsky, Anthony LaMarca, and Eyal de Lara: Accurate GSM Indoor Localization, http://www.cs.toronto.edu/~delara/papers/ubicomp2005/ubicomp.pdf (25.01.07)
- Dr. Zeev Weissman: Indoor Location, White paper, http://www.tadlys.com/media/downloads/Indoor_location_Systems.pdf (25.01.07)