Designregeln für interaktive Systeme

von Daniel Filonik

Einführung

Jedem Besitzer eines Desktop PC steht eine Fülle an Software zur Verfügung. Mit steigender Rechenleistung werden auch die Anwendungen immer komplexer. Damit der Benutzer trotz hoher Komplexität nicht überfordert ist sind benutzerfreundliche Oberflächen essentiell. Als Entwickler von interaktiven Systemen steht man oft vor der Frage: Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit der Benutzer die Anwendung mit größtmöglichem Komfort nutzen kann? Im Folgenden sollen mögliche Antworten auf diese Frage betrachtet werden.

Standards vs. Richtlinien

Bei Regeln für das Design interaktiver Systeme kann man grundsätzlich zwischen Standards und Richtlinien unterscheiden. Bei Standards handelt es sich präzise Formulierte Leitsätze mit genau definiertem Einsatzgebiet und einer hohen Verbindlichkeit. Unter Richtlinien versteht man hingegen abstrakte, allgemeingültige Prinzipien. Sowohl Richtlinien als auch Standards sind für das Design benutzerfreundlicher Anwendungen notwendig.

Standards werden von nationalen bzw. internationalen Gremien ausformuliert und stellen sicher, dass auch bei einer breiten Anzahl von unterschiedlichen Anwendungen eine Einheitlichkeit im Design vorhanden ist. Allerdings spielen heutzutage Standards für das Design interaktiver Systeme im Vergleich zur Hardwarestandards eine deutlich kleinere Rolle. Nichtsdestotrotz ist es ratsam sich wo immer möglich an etablierte Standards zu halten.

Richtlinien für ein gutes Design gibt es viele, oft werden auf unterschiedliche Art und Weise ausformuliert sie zu mehr oder weniger vollständigen Listen zusammengefasst. Grundsätzlich kann man drei Prinzipien für ein gutes Design festhalten.

Prinzipien für das Design interaktiver Systeme

Zum ersten das Prinzip der einfachen Erlernbarkeit, welches sich wiederum in eine Vielzahl zusammenspielender Faktoren zerlegen lässt. Damit ein Benutzer das neue Bedienkonzept mühelos erlernen kann, muss sich das System stets Vorhersehbar verhalten. Darüber hinaus muss der Nutzer sein Vorwissen, wo angebracht, weiterverwenden können. Es ist wichtig, dass aus spezifischen Aktionen auf die allgemeine Arbeitsweise des Systems geschlossen werden kann.

Ein weiteres Grundprinzip für ein gelungenes Design ist Flexibilität. Darunter ist zum einen zu verstehen, dass der Benutzer für die Kommunikation mit dem System mehrere Wege zur Verfügung hat. Außerdem ist es wichtig, dass das System die Möglichkeit bietet mehrere Aktionen Parallel auszuführen. Wenn mehrere gleichbedeutende Eingaben möglich sind sollte das System alle möglichen Varianten akzeptieren. Der Benutzer sollte die Möglichkeit haben die Oberfläche auf seine Bedürfnisse hin optimieren zu können.

Als drittes Prinzip ist Robustheit zu betrachten. Zu diesem Prinzip gehört beispielsweise dass der interne Zustand der Anwendung für den Benutzer immer durch die sichtbare Repräsentation erkennbar ist. Ein weiteres Zeichen für Robustheit ist, dass der Nutzer seine eigenen Fehler wieder rückgängig machen kann. Das System sollte immer auf Eingaben des Benutzers reagieren, selbst wenn es mit einer Berechnung beschäftigt ist. Der Funktionsumfang des Systems sollte groß genug sein, damit der Benutzer sein gewünschtes Ergebnis erlangen kann.

Shneiderman’s 8 Goldene Regeln

Neben den allgemeinen Prinzipien lassen sich detailiertere Richtlinien für das Design interaktiver Systeme in Regelkatalogen wie „Shneiderman’s 8 Goldene Regeln“ oder „Norman’s 7 Prinzipien“ finden. Solche Listen lassen sich Punkt für Punkt durchgehen und eignen sich dadurch zur Kontrolle des eigenen Designs. Man sollte sich allerdings nicht auf eine solche Liste beschränken, da in unterschiedlichen Fällen unterschiedliche Ansätze optimal sind. Als Beispiel sollen „Shneiderman’s 8 Goldene Regeln“ betrachtet werden.

1. Konsistenz
Konsistenz kann sich auf vielerlei Aspekte des interaktiven Systems beziehen. Beispielsweise könnte ein Einheitliches Layout oder die ähnliche Bendienung ähnlicher Funktionen gemeint sein. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verwendung derselben Terminologie für gleiche Sachverhalte in dem Programm.

2. Abkürzungen
Erfahrenen Benutzern sollten zur Beschleunigung von häufigen Arbeitsabläufen Abkürzungen zur Verfügung gestellt werden. Diese Abkürzungen sind besonders hilfreich wenn sie bereits aus anderen Programmen bekannt sind, z.B. Tastenkürzel für Kopieren/Einfügen. Andere Beispiele für Abkürzungen sind Werkzeugleisten mit deren Hilfe besonders häufige Aktionen durch einen einzelnen Mausklick ausgeführt werden können.

3. Feedback
Jede Aktion des Benutzers sollte eine erkennbare Wirkung haben. Dabei kann das Feedback durchaus unterschiedlich sein. Für Aktionen die häufig ausgeführt werden sollte das Feedback subtiler sein um den Arbeitsfluss nicht zu stören. Bei selteneren oder wichtigen Aktionen kann das Feedback auch deutlicher sein.

4. Abschluss
Ist man in der Anwendung an einem Punkt angekommen, an dem ein Arbeitsschritt beendet ist, dann sollte dies auch für den Benutzer erkennbar sein. Das liefert, nicht nur die Gewissheit einen Schritt vorangekommen zu sein, sondern auch Genugtuung für den Benutzer.

5. Fehler vermeiden
Ziel der interaktiven Anwendung muss sein, Fehler des Benutzers so weit wie möglich auszuschließen. Das kann Beispielsweise dadurch geschehen das fehlerhafte Eingaben frühzeitig erkannt und abgelehnt werden. Sollte es dennoch zu einem Fehler kommen sollte das System Benutzer darüber informieren. Dem Nutzer muss einem Möglichkeit gegeben werden zu entscheiden wie nach einem Fehler Fortgefahren werden soll. Wenn möglich sollte Datenverlust bereits auf Systemebene ausgeschlossen werden.

6. Rückgängig machen von Aktionen
Der Benutzer sollte nach jeder Aktion die Möglichkeit haben diese wieder Rückgängig zu machen. Dadurch können nicht nur Fehler wieder behoben werden, sondern der Nutzer kann diverse Aktionen probeweise durchführen, um zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen.

7. Kontrolle über das System
Damit sich der Benutzer wohl fühlt beim Arbeiten mit dem System muss er jederzeit das Gefühl haben in Kontrolle zu sein. Generell sollten Aktionen immer vom Benutzer ausgehen und vorhersehbare Ergebnisse liefern. In bestimmten Fällen kann es allerdings sinnvoll sein Aktionen vom System aus zu initiieren (z.B. Autosave).

8. Kurzzeitgedächtnis des Benutzers schonen
Wo immer möglich sollte das System Informationen speichern, damit der Nutzer sie sich nicht merken muss. Das Design muss so ausgelegt sein damit es die Leistung des menschlichen Kurzzeitgedächtnisses nicht überfordert. Wenn möglich sollte das Gedächtnis mit Gedächtnisstützen (z.B. Graphiken oder Sounds) unterstützt werden.

Hat man diese Punkte, bzw. eine der anderen Listen mit Richtlinien, im Hinterkopf wenn man ein interaktives System entwirft ist das zwar kein Garant für Erfolg, aber durchaus eine nützliche Hilfe.

Fazit

Letztendlich kann man sagen, dass ein gutes Design aus der Richtigen Mischung von innovativen Ideen und Bewährten Konzepten entsteht. Man sollte dabei aber nie die Grundprinzipien guten Designs außer Acht lassen. Interaktive Systeme haben sich im Laufe der Zeit stark weiterentwickelt. Die Abstraktion erfolgreicher Konzepte ist ein mächtiges Hilfsmittel für den Entwurf neuer Anwendungen. Ein sicheres Erfolgsrezept gibt es heutzutage aber noch nicht und die Weiterentwicklung interaktiver Systeme hin zu mehr Benutzerfreundlichkeit wird auch in Zukunft ein wichtiges Thema bleiben.

Puchheim den 11.11.07, Daniel Filonik

Literatur

HCI: Design Rules, Aufruf am 2007-11-11

Basic HCI Principles I/II, Aufruf am 2007-11-11