Die Amiga Workbench - ein Rückblick

von Marc Breisinger

Einleitung

Die Geschichte von Amiga beginnt 1982 als (primär) David Morse und Jay Miner die Firma "Hi Toro" gründen, die kurz darauf in "Amiga Inc." umbenannt wird. Sie wollen einen Allzweck-Computer für Jedermann entwickeln. Die Geldgeber wollten primär eine Spiele-Konsole haben, aber vor allem Miner, der (oder besser gesagt dessen Hund) als Vater des Amiga gilt, wollte einen vollwertigen Personalcomputer bauen. Damit lag er auch sehr richtig, da der Spielemarkt bereits kurz nach Gründung des Unternehmens einen Zusammenbruch erlitt. 1984 kaufte Commodore Amiga Inc. für 27,1 Millionen Dollar was das Vorhaben erstmalig (es sollten noch mehrere Male folgen) vor dem Aus rettete.

Die ersten Amiga Version, der "Lorraine" (rel. 1985), die im nachhinein Amiga 1000 getauft wurden liefen mit einem Motorola-68000-CPU, hatten 128KB Speicher und einen Anschluss für einen Farb- oder SW-Monitor oder einen Fernseher wobei die 4096 gewählten Farben genau die waren, die bei NTSC beim Wechsel von Vordergrund- zu Hintergrundfarbe nicht ineinander ausfransten.

Nachdem im August 1985 AmigaOS 0.7 Beta und 0.9 Beta nur mit CLI (Command Line Interface) ausgestattet waren, wurde im Oktober 1985 AmigaOS 1.0 zum Verkauf freigegeben. Dieses besaß erstmalig eine grafische Benutzeroberfläche, die Amiga Workbench. Vorgestellt wurde es aber bereits im Juli dieses Jahres im Lincoln Center in New York in einer extra dafür angesetzten Großveranstaltung und nicht wie sonst üblich auf der amerikanischen Heimelektronikmesse CES. Andy Warhol benutzt den Amiga während der Show von Debbie Harry ("Blondie"), um ein Bild von Ihr zu erstellen.

Bei dieser Veranstaltung wurde auch bereits die Multitaskingfähigkeit des Amiga demonstriert: gleichzeitig Textverarbeitung, Datensortierung, Animation, Geschäftsgrafik und Tabellenkalkulation in eigenen Fenstern. Der Amiga wurde außer zum Spielen hauptsächlich zum Bearbeiten von Videos benutzt. Weitere wichtige Anwendungen waren Musik und 3D-Animation. Software wie Cinema 4D und Lightwave waren erstmalig nur auf dem Amiga (mit Hardwareerweiterung "Toaster") verfügbar und die Special - Effekts verschiedener Hollywoodstreifen (z.B. "Der Tod steht ihr gut") wurden mit diesen Rechnern erzeugt. Er war auch der erste Computer mit Sprachsynthesemöglichkeit, zurückzuführen auf seinen 8Bit Analog/Digitalwandler. Außerdem verfügte er ab Version 1.3 über AUTOCONFIG, eine Art Plug&Play.

Amiga Workbench - 1.Generation

In dieser ersten Version 1.0 konnte man bereits draggen, das Icon wurde aber während dessen nicht angezeigt, es veränderte sich nur der Pointer zu einem roten Fadenkreuz. Unterstützt wurde nur NTSC.

Bereits Version 1.1, veröffentlicht im Dezember 85, unterstützte PAL, in Europa eingeführt wurde es aber erst im Februar 1986. Verschieden Demos (Boxes, Lines, Dots) versuchten bereits etwas von der Grafikfähigkeit des Rechners zu vermitteln.

Version 1.2 (bereits Amiga 500 und 2000) ermöglichte es erstmals mehrere Icons gleichzeitig auszuwählen und den Bildschirminhalt zu drucken (GraphicDump). Icons waren nun auch während des draggens zu sehen. Außerdem kam ein extra Icon für das RAM (temporärer Speicher) dazu.

In der 1988 veröffentlichten Version 1.3 gab es eine komfortablere CLI, die Shell und verschiedene andere nützliche Programme wie PIPE (vgl. UNIX), More (Text Viewer) und SAY (Sprachausgabe). Alle Icons bekamen einen "3D-Look" und die Preferences hatten eine neue grafische Oberfläche. Es kam ein permanenter Speicher mit Icon namens RAMB0 hinzu.

Amiga Workbench - 2. Generation

Größere Veränderungen in Design und (weniger) bei der Bedienung kamen erst 1990 mit der Workbench 2.0, deren Look & Feel sehr grau, dafür aber verstärkt räumlich anmutete. Diese Version gab es erstmalig mit dem Amiga 3000, V2.04 (`91) dann auch für den A500+. Das Menu war komplett überarbeitet worden und es gab die Möglichkeit Bootdevices beim Start auszuwählen.

Version 2.1 (`92) brachte vor allem Hardware-bezogene Verbesserungen mit sich wie z.B. Kompatibliltät zu Motorola 68040, weniger Speicherverbrauch und Unterstützung für 40MB Festplatten. Das sehr beliebte Sprachausgabeprogramm SAY war erstmalig nicht mehr in der Distribution enthalten, wahrscheinlich aufgrund eines Streits mit dessen Programmierern.

Amiga Workbench - 3. Generation

Ein größerer Sprung war erst wieder 1992 mit der Workbench V3.0 zu spüren. Unterstützung für den AGA Chipsatz und ein stark verbessertes Design, Hintergrundbilder und Multi View, ein Anzeigefenster Modus, der verschiedene Medientypen (Bilder, Sounds, Text und sogar Video, welches erstmalig direkt von CD abspielbar war) erkennen und anzeigen konnte. Der Papierkorb war nicht mehr auf der Workbench zu finden und die Scrollbars bekamen Pfeile hinzu.

Version 3.5 (1999) wurde bereits auf CD ausgeliefert, hatte eine Unterstützung für 4 GB - Festplatten und besaß eine sehr moderne GUI mit animierten Icons und Unterstützung für lange Dateinamen. Auch unterstützt wurde TCP/IP und damit Web - Browsing und Email.

2001 wurde der Amiga mit V3.9 sehr multimediafähig, besaß einen Player für AVI und Quicktime Videos und einen für MP3/WAV/AIFF. Der Browser und die Email - Untersützung wurden weiter verbessert (u.a. JavaScript-Fähigkeit). AmiDOCK, ein neuer Start-Bar, sehr ähnlich dem MacOS - Startbar, Packer und Unpacker und ein verbessertes File - Suchprogramm.

Amiga Workbench - 4.Generation

Das letzte Release war im Oktober 2004 Version 4.0.
Das System läuft nicht mehr mit der Motorola 68000-Serie, sondern mit dessen PowerPC. Der "Guru" (siehe nächster Abschnitt) wurde durch den "Grim Reaper" ersetzt, ein Programm, dem TaskManager bei Windows. Neu ist auch der Support für TrueType und PostScript-Schriftarten mit optionalem Antialiasing. Verbesserte CD Unterstützung erlaubt auch schreiben und Booten von CD ohne, dass erst gemounted werden muss. Die Festplattengröße ist unbeschränkt und es gibt einen PartitionierungsWizard.

"Guru Meditation"

Ähnlich dem "Blue Screen of Death" der bei Windows einen Systemabsturz anzeigt gibt es beim Amiga den Guru-Meditation Screen. Dies entstand aus dem Joyboard, einem frühen Nebenprodukt der Firma Amiga Inc. als sie, eigentlich mehr zur Tarnung, Spielecontroller herstellte. Dieses war für Surf- und Skispiele gedacht und verlangte eine ruhige Körperhaltung. Die Programmierer von Amiga benutzten es um nach einem ärgerlichen Systemabsturz wieder zur Ruhe zu kommen, und setzten sich im Schneidersitz darauf, wodurch die Metapher entstand. Die Entscheidung, diesen kleinen Gag beizubehalten, fiel, weil die Entwickler den Menschen ein angenehmes, freundliches Produkt verkaufen wollten. Ein Programmier der mit dem Amiga arbeitet sollte besser über verlorene Zeit und Mühen lachen können anstatt nur frustriert zu werden. Das war mit einem Augenzwinkern, der mit der Zeit Kult wurde, leichter, als mit der von Commodore eigentlich gewollte "Software Failure" - Meldung. Bereits AmigaOS 0.9 verfügte über WACK, einen ständig mitlaufenden Debugger der auf die Stelle im Code hinweisen konnte, an der ein Fehler aufgetreten war.

Quellen:
Amiga history guide
Workbench nostalgia
amigahistory.de
Kefk Network Amiga

Screenshots:

V0.7


V1.0


V1.1


V1.2


V1.3


V2.0


V2.04


V2.1


V3.0


V3.1


V3.5


V3.9


V4.0