Kreativitätstechniken – Brainstorming

David Loos

16.12.2004


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Einsetzbarkeit
1.2 Verbreitung

2. Aufbau und Arbeitsweise
2.1 Rahmenbedingungen
2.2 Grundregeln
2.3 Zusammensetzung der Gruppe
2.3.1 Leitung
2.3.2 Protokollierung
2.4 Durchführung und typischer Ablauf
2.5 Auswertung

3. Vorteile und Problematiken

4. Varianten der Methode
4.1 Solo-Brainstorming
4.2 Methode 66 (Buzz-Session)
4.3 Brainwriting (Methode 6-3-5)

5. Quellen

6. Anhang


1. Einführung

Die Methode des Brainstorming (zu Deutsch Gedankenstürme, Geistesblitze) ist die wohl bekannteste Kreativitätstechnik. Sie wurde 1935 von Alex F. Osborn, dem Leiter einer Werbeagentur in den USA entwickelt. Osborn beobachtete, dass bei Konferenzen, die zur Lösung eines Problems einberufen werden, Ideen oft gezielt in die Kritik anderer Teilnehmer geraten und durch dieses Verhalten viele potentielle und Lösungsansätze erst gar nicht genannt werden und somit verloren gehen können. Das Brainstorming versucht eben diese in Konferenzen üblichen gruppendynamischen Zwänge und daraus resultierende Denkblockaden zu beseitigen, Barrieren abzubauen um kreatives Verhalten zu fördern. Ein Team versucht hierbei innerhalb eines gegebenen Zeitraumes möglichst viele Ideen zur Lösung eines vorher definierten Problems zu finden. Dies soll innerhalb der Gruppe möglichst spontan und in freier Rede erfolgen und so alle Teilnehmer zum intuitiven Aufgreifen von Ideen und zu assoziativen Weiterentwicklungen anspornen. Die Methode des Brainstorming fördert also im Wesentlichen die in Gruppenarbeit entstehenden Synergieeffekte und durch freie Assoziation bewirktes latentes (unterbewusstes) Denken.
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1.1 Einsetzbarkeit

Die Methode des Brainstormings eignet sich besonders zur Lösung von Problemstellungen, die nicht sehr komplex und deshalb klar zu definieren sind. Lassen sich komplexe Sachverhalte nicht vermeiden, ermöglicht meist eine Abgrenzung in einzelne Teilbereiche deren Bearbeitung. Brainstorming zielt des Weiteren in erster Linie auf Suchproblematiken und auf das Auffinden von Strukturen. Denkbare Anwendungsgebiete sind beispielsweise die Generierung von Lösungsansätzen bei der Produktfindung und Konzepterstellung sowie die Findung latenter Anforderungen im Rahmen der Produktprofilplanung.
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1.2 Verbreitung

Brainstorming stellt die in Deutschland am häufigsten angewandte Kreativitätstechnik dar und besitzt als älteste Kreativitätstechnik einen Anwendungsgrad von 50-80%. Aufgrund seiner Einfachheit und dem Geringen organisatorischen wie materiellen Aufwand kommt es in allen Branchen und Unternehmensgrößen zum Einsatz.
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2. Methodik

2.1 Rahmenbedingungen

Die Methode des Brainstorming erfordert, neben Konferenzraum und Flipchart, keine besonderen Hilfsmittel. Bei der Vorbereitung sind allerdings einige Dinge zu beachten.
So sollte für einen störungsfreien Ablauf gesorgt und eine rechtzeitige Einladung erfolgt sein, spontan einberufene Treffen sind zu vermeiden. Als ideal hat sich eine Vorlaufzeit von etwa 1-3 Tagen herausgestellt in der die Teilnehmer Gelegenheit haben einen gestellten Themenbereich ggf. ausreichend tief zu durchdringen. Wenn möglich sollte darauf geachtet werden die Sitzung außerhalb von Tiefs des Menschlichen Biorhythmus, also am besten in den Zeiten von 9:00 bis 13:00 Uhr und von 16:00-20:00 Uhr abzuhalten. Auch sollte ein bestimmter Zeitrahmen (5 bis maximal 40 Minuten) gegeben sein, der sich allerdings auch ein wenig an der Dauer des Informationsflusses während der Veranstaltung orientieren sollte.
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2.2 Grundregeln

Während der Sitzung sind von allen Teilnehmern die folgenden vier Regeln einzuhalten (|>Grafik 1):
Regel 1: Das Zurückstellen jeglicher Kritik
Kritik ist erfahrungsgemäß der stärkste Hemmschuh eines freien, ungestörten Gedankenflusses, sog. „Killerphrasen“ sind also zu vermeiden. Dies verlangt von den Teilnehmern eine grundsätzlich positive Einstellung gegenüber auch noch so weit hergeholten eigenen und fremden Ideen.
Regel 2: Quantität geht vor Qualität
Nach der Wahrscheinlichkeitstheorie nimmt die Chance, gute und sehr gute Lösungsansätze zu entwickeln mit der Anzahl der Gruppenideen zu. Eine Bewertung der Ideen bezüglich ihrer Brauchbarkeit findet ja zu diesem Zeitpunkt ausdrücklich (noch) nicht statt.
Regel 3: Ideen freien Lauf lassen
Die Ideen sollen möglichst originell und neuartig sein. Auch skurrile Ideen, verrückte Vorschläge, Utopien, Humor sind erlaubt. „Spinnen“ wird also ausdrücklich gewünscht, denn Vernunft und Logik sind zunächst (noch) nicht gefragt.
Regel 4: Ideen aufgreifen
Es gibt kein Urheberrecht, nur die Gruppenleistung zählt. Deshalb gilt die ausdrückliche Aufforderung, Ideen anderer aufzugreifen, diese mit neuen zu kombinieren oder weiterzuentwickeln. (Nutzung von Gruppensynergien
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2.3 Zusammensetzung der Gruppe

Bei der Wahl der Teilnehmer gibt es einige Punkte zu beachten. So sollte die Gruppe zweckmäßig zusammengesetzt sein, und Mitarbeiter aus verschiedenen Arbeitsbereichen enthalten. Eine heterogene Zusammensetzung der Gruppe aus unterschiedlichen Wissensgebieten, aus Experten und Laien, bietet den Vorteil der geringeren gegenseitigen Kontrolle bei fachlichen Details. Dies wirkt u. U. sich positiv auf die Reduzierung von Äußerungshemmungen aus. Allerdings kann eine sehr uneinheitliche Zusammensetzung auch dazu führen dass es zu Verständigungsproblemen kommt und der freie Gedankenfluss öfter durch Erklärungspausen gestört werden muss. Hier gilt es also eine gewisse Balance zu finden. Es lassen sich drei Typen von heterogenen Gruppen unterscheiden:
1. Gruppen die sich in ihrer fachlichen Kompetenz ergänzen, z.B. Programmierer, Designer, Marketingspezialist in der Softwareentwicklung.
2. Gruppen die sich in psychologischen Fähigkeiten ergänzen, z.B. Analytiker, Querdenker, Theoretiker, Praktiker.
3. Gruppen die sich in ihrem Charakterprofil ergänzen.
Bei der Wahl der Gruppenmitglieder gilt es darauf zu achten, hinsichtlich der hierarchischen Anordnung im Unternehmen Dominanzen einzelner Teilnehmer, z.B. von Vorgesetzten zu vermeiden. Die Gruppe sollte des Weiteren groß genug sein um gruppendynamische Reize hervorzurufen, jedoch aber auch klein genug um eine Kommunikation jeder mit jedem zu ermöglichen. Zu große Gruppen laufen Gefahr kleine Diskussionsgruppen zu bilden und den Ablauf durch Durcheinanderreden zu stören. Zu kleine Gruppen liefern u. U. zu wenige brauchbare Ideen. Die Anzahl der Gruppenmitglieder sollte, je nach Situation etwa bei 4-20 Teilnehmern liegen.
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2.3.1 Leitung

Je nach Selbstorganisation der Gruppe und der Häufigkeit der Sitzungen im selben Kreis, kann es nötig werden einen Moderator zu bestimmen. Er soll die Einhaltung der unter 2.2 genannten Regeln überwachen, den Kommunikationsfluss durch unauffälliges Eingreifen aufrecht erhalten, ein Abschweifen vom Thema vermeiden und die Gruppe durch gezielte Hinweise und Reizwörter motivieren. Dabei sollte er sich allerdings mit dem Einbringen von eigenen Einfällen und Ideen eher zurückhalten.
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2.3.2 Protokollierung

Für die spätere Auswertung ist es notwendig 1 bis 2 Personen als Protokollanten einzuteilen, die nicht kreativ in der Gruppe mitarbeiten dürfen. Die im Laufe der Sitzung vorgebrachten Ideen werden anonym festgehalten und nummeriert. Es sollen hierbei wirklich alle Vorschläge notiert und nichts weggelassen werden. Um den Gedankenfluss nicht zu stören sollten die Protokollanten möglichst keine Rückfragen stellen. Damit den Teilnehmern die Möglichkeit gegeben wird sich auf zurückliegende Ideen zu beziehen, sollte die Protokollierung am Tisch zu Papier oder besser, weil für alle sichtbar am Flipchart erfolgen.
Zusätzlich empfiehlt es sich u. U. auch ein Tonbandgerät zur Aufzeichnung zu verwenden um später eine Lückenlose Auswertung zu ermöglichen.
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2.4 Durchführung und typischer Ablauf

Zu Beginn der Sitzung erläutert der Moderator das Thema und Formuliert eine möglichst klare und präzise Fragestellung. Meist werden daraufhin zunächst nahe liegende Gedanken geäußert, dann folgt eine „Verschnaufpause“. Erst in der 2. Phase ergeben sich Erfahrungsgemäß die besseren Ideen (|> Grafik 2). Gegen Ende der Sitzung kann als zusätzliche Motivation und gewissermaßen als „Endspurt“ noch einmal eine Zusammenfassung der bisherigen Ideen vorgelesen und so die Chance zusätzlicher Denkanstöße erhöht werden.
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2.5 Auswertung

Die Auswertung sollte in einer getrennten Sitzung erfolgen. Dies geschieht aus Gründen der Unvoreingenommenheit und Anonymisierung oftmals sogar durch einen anders zusammengesetzten Teilnehmerkreis wie beim Brainstorming selbst. Idealerweise besteht dieser Kreis aus einem Expertenteam und dem Problemsteller selbst. Sie sollen das vorhandene Material strukturieren, beurteilen und nach dem Grad der Realisierbarkeit sortieren (z.B. „sofort brauchbar“, „später brauchbar“, „erst weiter bedenken“ und „nicht brauchbar“). Kritik ist zu diesem Zeitpunkt also wieder Erlaubt und auch notwendig. Ziel der Auswertung ist es, geeignete Ideen weiter zu entwickeln und auszuarbeiten um letztendlich eine Liste von Vorschlägen präsentieren zu können.
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3. Vorteile und Problematiken

Ein großer Vorteil des Brainstormings liegt mit Sicherheit darin, dass es aufgrund seiner wenigen Grundegeln leicht zu erlernen ist und nur wenige Hilfsmittel benötigt werden. Es ermöglicht die rasche Durchführung und liefert einen schnellen Einstieg auch in etwas komplexere Themen. Durch die anregende und motivierende Arbeitsatmosphäre und die heterogene Zusammensetzung des Teams ergibt sich meist ein großes Spektrum an vielseitigen Ideen. Nachteilig ist allerdings eine der Methode zugrunde liegende mangelnde Vorgehenssystematik, der Umstand, dass sie sich nur zur Lösung einfacher Problematiken eignet und eine Durchführung nur in relativ kleinen Gruppen ermöglicht – bei zu Großen Gruppen sind evtl. die Intervalle zwischen den Vorschlägen zu groß. Oftmals ist auch ein Verstoß gegen die Grundregeln nur schwer zu unterdrücken. So ist es z.B. schwierig Selbstdarstellerrituale, oder auch informelle Führerschaften in der Gruppe zu unterbinden. Formuliert ein Teilnehmer z.B. schneller und besser als die übrigen, so wird im meist auch mehr Aufmerksamkeit zu teil. Auch auf nonverbale Kritik durch Mimik lässt sich nur schwer Einfluss nehmen. In der Praxis geraten Brainstormings deshalb auch oft eher zu freien Diskussionen innerhalb einer Konferenz, bei denen zumeist vermeintlich unangenehme Vorschläge unterbleiben. Überhaupt stellt sich die Frage, ob sich Kreativität durch die Konstruktion fester Regeln überhaupt erzwingen lässt und ob Ideen nicht etwa von kreativen im Alleingang schneller produziert werden können (s. 4.1 Solo-Brainstorming).
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4. Varianten der Methode

Im Laufe der Zeit haben sich einige Varianten der ursprüngliche Brainstorming Methode von Osborn entwickelt, auf die ich im Folgenden kurz eingehen möchte.
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4.1 Solo-Brainstorming

Beim Solo-Brainstorming sammelt eine einzelne Person spontane Einfälle und Ideen. Sie stützt sich dabei auf ein solides Basiswissen dass zuvor mit Hilfe von Fachliteratur, persönlichen Gesprächen oder anhand anderer Quellen erworben wurde. Nach etwa 2-3 Tagen werden die Mitschriften nach denselben Kriterien, wie beim Gruppen-Brainstorming ausgewertet und sortiert. Sofort brauchbare Ideen werden beispielsweise logisch verfolgt und weiterbearbeitet.
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4.2 Methode 66 (Buzz-Session, Philipps 66)

Bei dieser Vorgehensweise werden größere Diskussionsgruppen in Untergruppen von je 6 Personen aufgeteilt.
Jede Gruppe bestimmt für sich wiederum einen Moderator, Protokollführer und einen Sprecher. Anschließend findet in jeder Kleingruppe ein 6 Minuten dauerndes Brainstorming nach oben beschriebenem Schema statt. Nach dessen Ende stellen die Sprecher dem gesamten Plenum die jeweiligen Gruppenergebnisse und Lösungsansätze vor. Diese werden dann vom gesamten Teilnehmerkreis diskutiert, kombiniert und weiterentwickelt. Die Vorteile dieser Methode bestehen darin, dass aufgrund des größeren heterogenen Teilnehmerkreises in kurzer Zeit ein sehr großes Spektrum an Lösungen erzielt werden kann.
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4.3 Brainwriting (Methode 6-3-5)

Die von N. Rohrbach, einem Unternehmensberater entwickelte Methode 6-3-5 sieht eine schriftliche Aufzeichnung durch die Teilnehmer selbst vor. So schreiben die 6 Mitspieler bei dieser Arbeitsweise in Zeitabschnitten von 5 Minuten jeweils 1 bis 3 Grundideen in ein vorbereitetes Lösungsblatt ein (|> Grafik 3). Nach dem ersten Durchgang werden die Formulare Reihum im Uhrzeigersinn an den nächsten Teilnehmer weitergereicht, der nun wiederum drei neue Vorschläge einträgt oder die Ideen des Vorgängers weiterentwickelt. Die Sitzung ist beendet, wenn jeder Teilnehmer jedes Blatt bearbeitet hat. Im Idealfall ist die Methode also in 30 Minuten abgeschlossen und hat 3x3x6 = 108 Ideen und Lösungsvorschläge zum Problem hervorgebracht.
Die Vorteile dieser Methode liegen zum einen in der Möglichkeit der bildlichen Darstellung von Ideen auf dem Papier und zum anderen in der Unabhängigkeit von Dominanz- und Hierarchieunterschieden in der Gruppe. Die Ideen werden des Weiteren durch die schriftliche Ausführung ohne zusätzlichen Aufwand mitprotokolliert und lassen sich auch im Nachhinein noch einzelnen Mitgliedern der Gruppe zuordnen. Allerdings bremst die schriftliche Formulierung auch das Äußern spontaner Einfälle und nicht jeder Teilnehmer erfährt alle Vorschläge schon während der Sitzung. Problematisch ist außerdem die sehr eingeschränkte Kommunikation der Mitglieder untereinander, was z.B. auch keine Rückfragen bei missverständlich formulierten Ideen zulässt.
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5. Quellen

Grobosch Peter: Kreativität und Ideenentwicklung. Februar 2002.
Seminarskript der Mediadesign-Akademie, München

Müller, André: Kreativitätstechniken. 17.01.2004.
Online in Internet: URL: http://aam.ugpl.de/node/110
[Stand 16.12.2004].

Paral, Thomas, Dipl.-Ing.: Kreativitätstechniken – Methodenliste. 03.09.2004.
Online im Internet: URL: http://rpkalf4.mach.uni-karlsruhe.de/~paral/MAP/mapmeth.html
[Stand 16.12.2004]

Schlicksupp, H: Ideenfindung, Methode 6-3-5. 14.3.2002.
Online im Internet: http://www.visionintoaction.de/THINKTANK/TT_Startseite_Headframe.htm
[Stand 16.12.2004]

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6. Anhang


Grafik 1: Die vier Grundregeln des Brainstormings
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Grafik 2: Typischer Ablauf eines Brainstormings
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Grafik 3: Ein Formular der Methode 6-3-5
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