Navigation und Scrolling

Mensch-Maschine-Interaktion

Mark Bilandzic, 10.December 2004

Navigation

Fast täglich nutzten wir das Internet um uns zu informieren, miteinander zu kommunizieren und uns zu unterhalten. Dabei machen wir uns wenig Gedanken wie ein Newsportal strukturiert, die Bedienung eines Chatprogramms programmiert oder die Interaktions-Buttons eines Media-Payers angeordnet sind. Der User klickt sich unbewusst durch Menus und bedient den virtuellen CD/Video-Player wie er es von seiner Stereo-Anlage her gewohnt ist. Dabei fallen ihm Design-Spezifische Aspekte erst auf, wenn sie unübersichtlich bzw. nicht mehr intuitiv zu bedienen sind.
Damit die User einer Website oder eines Programms mit einer Vielzahl von abrufbaren Informationen und Einstellmöglichkeit sich einfach, schnell und intuitiv durchklicken können, muss man sich schon zu Beginn der Implementierung grundsätzliche Gedanken über die Struktur der Navigation und Interaktion machen. Es muss verhindert werden dass sich Nutzer an irgendeiner Stelle orientierungslos oder etwa durch zu viele Interaktionsmöglichkeiten verwirrt fühlen. Natürlich muss man von Tool zu Tool bzw. von Medium zu Medium zwischen verschiedenen Arten der Navigation unterscheiden. Dazu muss man sich einerseits an Grundsatzregeln wie geeignete Positionierung, Größe und Form der Navigationselemente halten, andererseits, wie im Folgenden beschrieben auch benutzerspezifische Aspekte berücksichtigen. Nur so kann eine intuitive, nutzerfreundliche und übersichtliche Navigation entstehen.

Benutzerspezifische Navigationshilfen

Man kann Navigationselemente in zwei grobe Kategorien unterteilen. Zum einen gibt es Links, die in die entsprechenden Inhalte selbst eingespeist werden (wie z.B. Hyperlinks im Text). Dadurch werden andere Dokumente, mit ähnlichen, unterstützenden oder weiterführenden Informationen verlinkt und somit eine semantische Struktur aufgebaut. Sie dienen also als kontextbezogene Navigationshilfen. Die zweite Gruppe bilden Navigationselemente wie Menus, Verzeichnislisten und Site-Maps, die eine Struktur über den verfügbaren Kontext vermitteln und es somit ermöglichen schnell an eine bestimmte Information zu kommen. Eine gute Navigationsstrategie besteht je nach Anwendung aus einer Mischung der beiden Navigationsarten. So sollte der Nutzer zu jeder Zeit wissen wo er sich in der Site-Map befindet und welche Seiten (z.B. bei einem Newsportal) er bereits besucht hat.
Besonders effizient sind individualisierte Navigationsformen, die nach dem Profil des Users ausgerichtet sind. So können Empfehlungen in Form von Links, entsprechend der jeweiligen Interessensgebiete, zu anderen Inhalten verweisen. Generell sollten aber die Navigationsmöglichkeiten auf die Absichten der angesprochenen Usergruppe abgestimmt sein und somit auf die wesentlichen Aspekte konzentriert sein. Dazu muss die Zielgruppe zunächst identifiziert und charakterisiert werden. Z.B. ist dann bekannt, welche Vorkenntnisse man voraussetzten darf und kann sich somit bzgl. der kontextbezogenen Navigationshilfen auf die wirklich relevanten, informationssteigernden Verweise beschränken. Somit entfallen z.B. in einem Webbasierten wissenschaftlichen Text Hyperlinks, die Inhalte erläutern, die den Lesern ohnehin schon bekannt sind. Auch bei den Menuführungselemente kann man von Zielgruppe zu Zielgruppe, wenn richtig eingesetzt, Designaspekte differenzieren. Eine interaktive Lern-Webseite, die für Kinder unterrichtsbegleitenden Lernstoff graphisch visualisiert und multimedial aufbereitet vertreibt, muss sicherlich andere Navigationselemente und Möglichkeiten zur Verfügung stellen als ein Webportal für IT-Spezialisten zum Austausch von komplexen, themenspezifischen Informationen. Bei den IT-Spezialisten z.B. kann vorausgesetzt werden, dass sie eine langjährige Web-Erfahrung mit sich bringen und bereits mit einer Vielzahl von verschiedenen Navigationsstrukturen vertraut sind. So kann ohne Probleme eine mehrdimensionale, unter Umständen auch in sich verschachtelte Navigation zu Grunde gelegt werden, über die auch eine Vielzahl von Informationen strukturiert verwaltet werden können. Die interaktive Lern-Website, deren primäre Zielgruppe Kinder sind, die sehr wenig bis gar keine Web-Erfahrung haben, muss eine einfache und für die Kinder transparente und intuitive Navigation bereitstellen.

Paging und Scrolling

Bei einem klassischen Buch ist ein durchgängiger Text auf mehrere Seiten abgedruckt, die der Leser, wenn er jeweils am Ende einer Seite angelangt ist, wenden muss. Dieses Prinzip hat sich gegenüber den Schriftrollen schon in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten [1] aus Handlichkeitsgründen durchgesetzt. Bei Web-Artikeln und anderen Texten die für das Lesen am Bildschirm ausgelegt sind gibt es zwei analoge, bis jetzt noch gleichgewichtete Techniken: Paging und Scrolling.
Während das Paging nur einen Klick zum Seitenwechsel benötigt hat man beim Scrolling einen kontinuierlichen Verlauf und muss somit die Scrollbar mit der Maus im Durchschnitt öfters justieren. Andererseits fehlt den Lesern von Paging-Texten oft der Fluss und Überblick im gesamten Dokument. So erreichen sie Tests zufolge durchschnittlich eine geringere Lesegeschwindigkeit, was sie aber subjektiv nicht wahrnehmen. Beide Techniken haben also Vor- und Nachteile. Bei der Befragung von Testpersonen, nach dem Lesen von Texten im Paging- und Scrolling Layout nach inhaltlichen Zusammenhängen, ließen sich jedoch bzgl. der Textverständnis und der eigentlichen Konzentration des Lesers auf den Text kaum Unterschiede aufzeigen [2]. Trotzdem hat man festgestellt, dass das Lesen eines längeren Textes am Monitor anstrengender ist als wenn dieser gedruckt vorliegt. Diesbezüglich hat man sowohl beim „Paging“- als auch beim „Scrolling“- Layout inkrementelle Innovationen eingeführt die den Lesekomfort am Bildschirm steigern sollen. So findet man in guten Websites bei längeren Texten, eine meistens am linken Rand permanent eingeblendete Verzeichnisliste mit einem Hinweis wo im Dokument man sich gerade befindet. So behält der Leser immer den Überblick und den Bezug zu den anderen Pages im Dokument. Zur Unterstützung des Scrolling-Layouts hat man die Mouse-Wheel eingeführt. Diese kann von dem Leser mit dem Mittelfinger gedreht und somit im Dokument gescrollt werden. Im Gegensatz zum Verschieben der Scrollbar ist die Mouse-Wheel-Methode ohne spürbaren Zusatzaufwand für den Leser, was ursprünglich der größte Nachteil an dem Scrolling-Layout gewesen ist.
Bei der Festlegung auf eine bestimmte Technik ist es wohl am sinnvollsten kontextabhängig zu entscheiden. Handelt es sich um eine längere Wissenschaftliche Arbeit, die man auch ausdrucken können soll, bietet sich die Scrolling-Text Variante an. Bei dem obigen Beispiel der interaktiven Lern-Website für Grundschüler macht das Paging-Layout mehr Sinn, da man die meist ungeübten Leser somit nicht mit viel Text auf einmal überflutet, sondern sie sich „Step by Step“ vorarbeiten können. Wie bei allen Entscheidungen bzgl. der Navigation müssen also auch hier die primären Nutzer, ihre Charakteristiken und Bedürfnisse identifiziert werden um die Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden abwägen zu können.

[1] www.br-online.de
[2] www.psychology.wichita.edu
[3] www.home.cs.utwente.nl