MMI-Aufsatz 1 von Sebastian Lechenbauer
Die Fähigkeit, sich neues Wissen schnell und effizient aneignen zu können,
wird im heutigen Informationszeitalter als wichtige Grundqualifikation angesehen.
Da neue Informationen zu einem überwiegenden Teil durch Lesen aufgenommen
werden, spielt die eigene Lesetechnik bei der Informationsaufnahme eine entscheidende
Rolle. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die Lesegeschwindigkeit und
das Verständnis beim Lesen zu verbessern
In diesem Aufsatz sollen nach einem einführenden Überblick (in Teil
2) zwei recht unterschiedliche Techniken kurz vorgestellt werden. Eine der bekanntesten
Lesetechnik ist das von Tony Buzan entwickelte Speed Reading, welches in Teil
3 näher beschrieben wird. Eine weitere, jedoch grundlegend andere Lesetechnik
ist Paul Scheeles PhotoReading, vorgestellt in Teil 4. Teil 5 liefert eine kurze
Zusammenfassung.
Allein im deutschsprachigen Raum gibt es ca. ein Dutzend unterschiedliche Schnell-Lese-Techniken,
unter anderem: Speed-Reading, Photo-Reading, Flächen-Lesen, Mental Reading,
Alpha-Lesen, Go Reading und Prime Reading. [1]
Die Versprechen dieser Techniken klingen verlockend: beim Prime Reading wird
beispielsweise von einer bis zu 300fachen Steigerung der Lesegeschwindigkeit
durch "intuitiveres Verständnis" gesprochen, Go-Reading verspricht
eine Lesegeschwindigkeit von bis zu 25.000 Wörter pro Minute. [2]
Es sind zahlreiche Bücher zu diesen Schnell-Lese-Techniken erschienen.
Zudem werden eine Vielzahl an Seminaren angeboten, bei denen solche Methoden
erlernt werden können. Auch mehrere Software-Produkte versprechen die Steigerung
der Lesegeschwindigkeit.
Die Meinungen über die Effektivität und Wirksamkeit solcher Methoden
gehen jedoch weit auseinander.
Zudem finden sich auch schwarze Schafe unter den Anbietern solcher Produkte
und Dienstleistungen. „Die Deutsche Gesellschaft für berufliches
Lesen und die Stiftung Lesen warnen ausdrücklich vor unseriösen Anbietern
auf dem Markt für schnelleres Lesen. Wer sein Lesen manipuliert, kann es
stören. Lernen ist Verhaltensänderung. Wer seinen Lesevorgang verändert,
kann ihn - im Extremfall - regelrecht verlernen.“ [2]
Speed Reading wurde in den 70er Jahren von Tony Buzan entwickelt.
Es beruht vor allem auf zwei Erkenntnissen:
- Zum einen kann das Auge Text auch mit hoher Geschwindigkeit aufnehmen.
- Zum anderen kann das Gehirn den aufgenommenen Text bei höheren Geschwindigkeiten
(ab 400 Wörter pro Minute) wesentlich besser verarbeiten als bei normaler
Lesegeschwindigkeit (ca. 200 Wörter pro Minute).
Die Idee von Speed Reading ist nun, die Augenbewegung so zu trainieren, dass
Text schneller erfasst werden kann.
Dabei gilt es vor allem zwei bremsende Effekte auszuschalten:
- Regression ist ein ständiges Zurückkehren zu Wörtern, Sätzen
oder Absätzen, von denen man glaubt, man hätte sie falsch oder gar
nicht verstanden.
- Zurückspringen ist ein unwillkürliches Zurückkehren der Augen
zu Wörtern und Sätzen, die man gerade erst gelesen hat. Dies ist zumeist
ein unbewußter Vorgang.
Diese beiden Vorgänge lassen sich reduzieren, in dem man das Auge bei seinen
Bewegungen durch eine einfache Lesehilfe (Bleistift, Essstäbchen o.ä.)
unterstützt. Beim Lesen wird diese Lesehilfe auf der Zeile, die man gerade
liest, leicht mitgeführt. Dadurch wird das Auge dabei unterstützt,
gleichmäßig und geradlinig dem Text zu folgen. Außerdem wird
die Konzentration verbessert und die Aufmerksamkeit erhalten.
Der nächste Schritt zur Steigerung der Lesegeschwindigkeit ist die Verringerung der Anzahl der Fixierungen. Das Auge bewegt sich beim Lesen nicht fließend über den Text, sondern hält an bestimmten Stellen an, nimmt ein Wort oder eine Gruppe von Worten auf und geht dann zum nächsten Haltepunkt, der sogenannten Fixierung. Ungeübte Leser machen ungefähr doppelt so viele Fixierungen wie eigentlich notwendig. Durch Übung lernt das Auge, automatisch die richtigen Stellen für die Fixierung zu finden und bei weniger Fixierungen mehr Worte pro Fixierung aufzunehmen. Die Worte gelangen auch dann ins Gehirn, wenn man sich dessen nicht unmittelbar bewusst ist, da das Auge pro Fixierung eine ganze Gruppe von Worten aufnehmen kann.
Ein weiterer Schritt beim Speed Reading besteht daraus, mehrere Zeilen gleichzeitig zu lesen. Danach kann man dazu übergehen, jede zweite Zeile (oder Zeilengruppe) rückwärts zu erfassen. [3]
Bei Speed Reading gilt, wie bei allen anderen Lesetechniken auch, dass man nur durch regelmässiges Üben und Trainieren zum Erfolg gelangt.
PhotoReading wurde von Paul R. Scheele entwickelt und funktioniert völlig
anders als Tony Buzans Speed Reading. Grundlage ist hier die Wirkungsweise des
menschlichen Unterbewusstseins.
Die Technik lässt sich in fünf Schritte aufteilen:
Bevor man mit dem eigentlichen Lesen beginnt, sollte man sich ein Lernziel setzen, das heißt, man sollte sich bewusst sein, was man durch die Lektüre herausfinden möchte. Durch bestimmte Konzentrations-Techniken gelangt man in einen geeigneten Lese-Zustand.
Beim zweiten Schritt verschafft man sich einen Überblick über das Lesematerial und macht sich mit dessen Struktur vertraut.
Danach folgt der sogenannte PhotoReading-Schritt, bei dem das Buch oder die Zeitschrift seitenweise angesehen wird, wobei die Augen nicht auf den Text fixieren. Dadurch wird der Text direkt dem Unterbewusstsein präsentiert, welches dann mit der Verarbeitung beginnt.
Im vierten Schritt, der sogenannten Inkubationszeit, wird eine Pause eingelegt, in der das Unterbewusstsein das Material, das ihm vorgelegt wurde, verarbeitet.
Danach kann man im fünften Schritt mit der „Aktivierung“ beginnen,
in der die wesentlichen Inhalte des gelesenen Texts in das Bewußtsein
geholt werden. Hierzu dienen zwei weitere Lesedurchgänge, bei denen der
Text auf verschiedene Weise nochmals durchgesehen wird.
Beim PhotoReading sind Lesegeschwindigkeiten von 25.000 Wörtern pro Minute
und mehr möglich. Der Text wird jedoch nicht bewusst sondern über
das Unterbewusstsein erfasst, weshalb sich PhotoReading auch nicht für
jedes Lesematerial eignet.
Es existieren zahlreiche Erfolgsberichte zu PhotoReading. Jedoch sollte man beachten, dass diese Technik ohne eine positive Grundeinstellung und das Vertrauen in das eigene Unterbewusstsein nicht funktioniert.
[4], [5], [6]
Im Durchschnitt liest der Mensch 3 bis 4 Wörter pro Sekunde, d.h. ca.
180 bis 240 Wörter pro Minute. Geübte Leser schaffen das etwa 2-3mal
schneller. Profis im Speed-Reading erreichen eine Lese-Geschwindigkeit von 1.000
bis 3.800 Wörten pro Minute. Beim Photo-Reading sind gar Geschwindigkeiten
bis 25.000 Wörter pro Minute zu erreichen. [1]
Ob bei solch hohen Lesegeschwindigkeiten nicht das Verständnis des Textes
auf der Strecke bleibt, ist jedoch fraglich. Die Voraussetzungen für all
diese Techniken ist die gleiche, eine positive Grundeinstellung und Motivation,
viel zu üben. Dazu kommt, dass sich für manche Techniken nicht jedes
Lesematerial eignet.
Insbesondere beim PhotoReading darf angezweifelt werden, ob mit dieser Technik
nicht nur Bücher und Seminare verkauft werden wollen. Ein gesundes Misstrauen
ist also nicht verkehrt, bevor man sich für eine Lesetechnik entscheidet.
Eine allzu negative Einstellung gegenüber einer Lesetechnik kann jedoch
den Lese- und Aufnahmeprozess behindern.
Noch ein Hinweis zum Schluss: wer sowohl die PhotoReading-Technik als auch Speed Reading erlernen möchte, der sollte mit der PhotoReading-Technik beginnen. Speed Reading schult vor allem die Fixierung des Lesematerials, bei PhotoReading muss man diese jedoch aufgeben. Nicht zu fixieren fällt aber um so schwerer, je mehr man an die Fixierung gewöhnt ist. [3]
[1] http://www.online-netzwerk-lernen.de/schnell-lesen/schnell-lesen-lernen.html
[2] http://rosenbauer.de/sl-links.htm
[3] http://www.lernen-heute.de/lesen__speed_reading.html
[4] http://www.learningstrategies.com/photoreading/Intro3.html
[5] http://www.learningstrategies.com/photoreading/Intro4.html
[6] http://www.lernen-heute.de/lesen__photo_reading.html