Daniel Volkwein

Paging vs. Scrolling

In einer am Anfang diesen Jahres erschienenen Ausgabe der Usability News wurde die Brauchbarkeit von Paging gegenüber dem Scrolling für die Darstellung von Suchergebnissen untersucht. In dieser Studie zeigte sich, dass eine kleine Menge von Pages (fünfzig Links pro Seite) für die Darstellung der Suchergebnisse von den Usern im Gegensatz zu Scrollen (100 Links pro Seite) bevorzugt wurde. Zudem konnten die Teilnehmer die Testaufgaben bezüglich der Suche am schnellsten mit Hilfe des Paging lösen.

In einer neuen Studie von J. Ryan Baker hingegen wurde die Usability von Paging gegenüber dem Scrolling beim Lesen und Verstehen von Texten getestet. Schon Dyson und Kipping stellten 1998 fest, dass Teilnehmer "gepagete" Seiten schneller lesen konnten als Seiten die mit Hilfe von "Scrolling" dargestellt wurden. Unterschiede im Textverständnis zeigten sich damals nicht.

Die Methode beim Test

Baker verwendete einen Pentium II (60 Hz) und einen 17" Monitor mit einer Auflösung von 1024 x 768 Pixeln. Der Inhalt für die Lesedurchgänge wurde aus Barrons "Passkey to ACT" (2001) entnommen. Die Artikel hatten durchschnittlich 713.7 Wörtern und wurden in Verdana mit der Schriftgröße 10 dargestellt. Die Performance der Testteilnehmer wurde mit der Ergobrowser™ Software von den Ergosoft Laboratories gemessen.

Die Teilnehmer

Es konnten 15 freiwillige Teilnehmer von Baker für diesen Test gewonnen werden. Darunter waren drei Männer und 12 Frauen. Ihr Alter lag zwischen 18 und 40 Jahren, mit einem Durchschnittsalter von 23,3 Jahren. Durchschnittlich surften die Testpersonen sieben bis vierzehn Stunden pro Woche, aufgeteilt auf mehrmals in der Woche, im Internet.

Das Vorgehen

Die Teilnehmer wurden gebeten jeweils einen Textabschnitt in den drei unterschiedlichen Darstellungsformen zu lesen. Der erste Absatz wurde über vier Webseiten, ("Paging"-Layout) dargestellt. Ein weiterer Absatz wurde verteilt über zwei verschiedene Webseiten mit nur einmaligem Blättern ("Volltext"-Layout") und wiederum ein anderer Absatz wurde auf nur einer Webseite, ("Scrolling"-Layout) präsentiert. Hierbei wurde die Darstellung der Texte und die Reihenfolge der Darstellungen der Texte variiert. Nach dem Lesen der jeweiligen Textabschnitte wurden den Testkandidaten jeweils fünf Multiple-Joice-Verständnis-Fragen gestellt, welche sich auf den vorhergehenden Text bezogen. Den Teilnehmern wurde es nicht gestattet die Texte während der Beantwortung der Verständnis-Fragen zur Hilfe zu ziehen. Außerdem wurden den Kandidaten Suchaufgaben gestellt, welche, um als richtig zu gelten, innerhalb von 5 Minuten gelöste werden mussten. Dabei verlangte die "Paging"-Variante von den Teilnehmern maximal drei Klicks auf den "Backward"-Button und somit auch den dreimaligen Seitenaufbau, die "Volltext"-Variante verlangte nur einen Klick und somit auch nur einen erneuten Seitenladevorgang. Die "Scrolling"-Variante erforderte hingegen ein siebenmaliges Klicken auf den Scrollbar ersparte aber selbsverständlich einen erneuten Seitenaufbau. Die Layouts wurden mit einem Latin Square Design ausgeglichen. Die Seiten mit den dargestellten Textabschnitten wurden auf einem lokalen Server gespeichert womit die Downloadzeit minimiert und für die Testzwecke homogenisiert wurde.

Nach der Beendigung aller Fragen für die einzelnen Teilaufgaben beantworteten die Teilnehmer einen Fragebogen der ihre subjektive Meinung zu den Darstellungen festhalten sollte (Zufriedenheits-Fragebogen). Der Fragebogen bestand aus einer 6-Punkte Likert Skala, codiert mit 1 für "Absolut nicht" bis 6 für "Absolut". Die fünf Bewertungsfragen lauteten: "Das Layout machte es einfach Informationen zu finden," "Diese Webseite war optisch ansprechend", "Der Einsatz des Layouts fördert das Verständnis der Inhalte", "Diese Webseiten haben mir gefallen" und "Das Layout sieht professionell aus". Nachdem die Teilnehmer die Fragebögen beantwortet hatten, sollten sie die drei unterschiedlichen Darstellungsarten noch in eine persönlichen Reihenfolge bringen.

Die Ergebnisse

Es wurde ein ANOVA-Design verwendet, um die Teilnehmerleistung (durchschnittliche Lesezeit, Verständnis und Zeit für die Suche) auszuwerten und die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit der drei Darstellungen festzuhalten. Ein Friedman x2 wurde verwendet, um die Präferenzen der Kandidaten gegenüber der drei Layouts zu analysieren.

Die Analyse der für die Leseaufgabe benötigten Zeit

Die Auswertung der Zeit (in Sekunden) welche die Teilnehmer durchschnittlich brauchten um die einzelnen Texte in den verschiedenen Layouts zu lesen zeigte einen klaren Unterschied zwischen den drei Darstellungsformen. So brauchten die Testteilnehmer bei dem "gepageten" Layout im Durchschnitt 20 Sekunden länger als bei den beiden anderen Darstellungsvarianten. Die Lesegeschwindigkeit war erheblich langsamer. Die Teilnehmer benötigten für die Leseaufgabe mit dem "Paging"-Layout durchschnittlich 225,25 Sekunden, mit dem "Volltext"-Layout jedoch nur 205,09 Sekunden, bzw. mit dem "Scrolling"-Layout nur 205,52 Sekunden.

Die Korrekte Beantwortung der Verständnisfragen

Die Analyse der richtig beantworteten Verständnisfragen ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschienen Layouts. Die Ergebnisse welche die Teilnehmer erzielten waren in allen drei Layouts gleich gut. Im Durchschnitt beantworteten die Testteilnehmer mit dem "Paging" 3,02 Fragen richtg. Mit "Scrolling" hingegen wurden im Mittel 2,6 Fragen richtig beantwortet. Dazwischen liegen die 2,73 richtig beantworteten Fragen mit dem "Volltext"-Layout.

Die Analyse der benötigten Zeit für die Suchaufgabe

Eine Untersuchung der für die Durchführung der Suchaufgaben aufgewendeten Zeit (in Sekunden) ergab ebenfalls nur unbedeutende Unterschiede zwischen den drei Darstellungen. Allerdings war die Tendenz erkennbar, dass die nötige Dauer für eine Suche in einem "Paging"-Layout länger ist als im "Volltext"- oder "Scrolling"-Layout. Am schnellsten konnten die Testpersonen die Aufgaben in der "Scrolling"-Darstellung lösen. Hierfür benötigten sie durchschnittlich 172,41 Sekunden. Schon etwas schlechter wird das Ergebnis mit der "Volltext"-Darstellung: 184,09 Sekunden. Das "Paging"-Layout lag wiederum an letzter Stelle und zwar mit 227,65 Sekunden durchschnittlicher Suchzeit.

Subjektive Aufassung der Leistungsfähigkeit eines Seitenlayouts

Gut geeignet für das Lesen am Bildschirm?

Bei dieser Frage wurden von den Testteilnehmer keine gravierenden Unterschiede empfunden bzw. angegeben. Den Kandidaten schien kein Layout besser oder schlechter für das Lesen am Bildschirm geeigent zu sein. So erhielt die Darstellung mit den vier verschiedenen Seiten 4,07 Punkte, die Darstellung mit den zwei Seiten 4,13 Punkte und die "einseitige" mit Hilfe des Scrollbar realisierte Darstellung 3,93 Punkte.

Es ist einfach Informationen zu finden?

Auch hier wurden keine bedeutenden Unterschiede aufgezeigt. Alle Testteilnehmer bewerteten die verschiedenen Layouts sehr ähnlich. Für sie waren die Informationen alle gleich leicht oder schwer zu finden. Die genauen Werte für "Paging", "Volltext" und "Scrolling" waren dabei 3,27, 3,8 und 3,73 Punkte.

Die Darstellung fördert das Verständnis?

Es wurden ebenfalls keine interessanten Unterschiede bezüglich des besseren Verständnisses oder des besseren Behaltens der Texte von den Testpersonen charakterisiert. So vergaben die Teilnehmer dem "Paging"-Layout 4,2 Punkte, dem "Volltext"-Layout sowie dem "Scrolling"-Layout jeweils 3,8 Punkte. Diese Beobachtung wird auch durch die Ergebnisse der Verständnisfragen unterstütz.

Bevorzugung eines bestimmten Layouts?

Wiederum zeigten sich in keinster Weise nennenswerte Spitzen oder Täler in der Auswertung hinsichtlich der subjektiven Präferenzen der Studienteilnehmer. Für sie waren alle Layouts gleichwertig, was sich auch daran zeigt, dass die Anzahl der jeweils vergebenen Punkte zwischen 1,93 und 2,07 liegt.

Professionelles Layout?

Die Auswertung dieser Frage wurde leider in dem Bericht über die Durchführung des Test unterschlagen. Es ließ sich leider auch nicht recherchieren, welche Ergebnisse bei der Beantwortung durch die Kandidaten erzielt wurden, da keiner der Verantwortlichen per Mail zu erreichen war bzw. innerhalb des Aufgabenzeitraus geantwortet hat.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse welche man aus dieser Studie ziehen kann sind, daß dieTeilnehmer mit dem "Paging"-Layout länger benötigten, um die dargestellten Textpassagen zu lesen. Für die Testuser war diese Tatsache allerdings nicht spürbar. Die Teilnehmer zeigten auch keine bedeutenden Unterschiede in ihrer Fähigkeit die Verständnisfragen richtig zu beantworten.. Dies war ein wenig überraschend, denn vorhergehende Forschungen bezüglich des "Paging"-Layouts hatten gezeigt, daß dieses normalerweise effizienter ist als "Scrolling" (siehe Dyson u. Kipping, 1998). Man hätte auch erwarten können, daß das Scrollen zeitraubender ist durch die Tatsache, daß die User wesentlich öfter auf den Scrollbar klicken müssen als beim Paging oder der Volltextversion. Jedoch kommentierten einige Benutzer, daß ihnen das Scrollen beim Lesen von Dokumenten am Bildschirm lieber sei, als andere Darstellungs- / Navigationsformen. Es ist auch möglich, dass die Teilnehmer dadurch, dass sie das Lesen im "Scrolling"-Layout gewohnter waren schneller lesen konnten als mit den Versionen im "Paging"- oder im "Volltext"-Layout. Die Teilnehmer gaben auch an, daß sie das "Paging"-Layout als zu "gebrochen" emfpanden und sie immer wieder "vor" und "zurück" springen mußten wenn sie bestimmte Informationen suchten.

Insgesamt bleibt die Frage offen, wie repräsentativ diese "Studie" wirklich ist. So spricht man im allgemeinen davon, dass sich erst ab 25 und mehr Testteilnehmern aussagekräftige Ergebnisse erzielen lassen. Ausserdem ist die Verteilung der Geschlechter etwas zu einseitig ausgefallen, um wirklich an eine "Allgemeingültigkeit" heranzureichen. Auch werden die Unterschiede in der benötigten Zeit für das Lesen stark hervorgehoben, die Unterschiede in den Ergebnissen der anderen Aufgaben und Fragen aber nicht weiter behandelt bzw. unterbewertet. Die gesamte "Studie" wirkt sehr einseitig ausgelegt und wenig objektiv.

Onlineverzeichnis

Website des Department of Psychology, Wichita State University, USA: http://psychology.wichita.edu/surl/usabilitynews/51/paging_scrolling.htm (Gesperrt)

Bernard, M. L., Baker, J. R., & Fernandez, M. (2002). Paging vs. Scrolling: Looking for the Best Way to Present Search Results. Usability News, 4.1. http://psychology.wichita.edu/surl/usabilitynews/41/paging.htm

Literaturverzeichnis

Barron's Passkey to the ACT. (2001). George Ehrenhaft (Ed.) Barron's Educational Series: New York.

Dyson, M. C., & Kipping, G. J. (1998). The effects of line length and method of movement on patterns of reading from screen. Visible Language, 32, 150-181.