Lehrveranstaltung Mensch-Maschine-Interaktion 1. Aufsatz von Christoph Kaiser

Heute schreibe ich digital -

Was man bei schreiben für elektronischen Medien tun und lassen sollte und warum das so ist

Abstrakt

Dies soll eine kurze Ausführung über das schreiben und vor allem auch lesen digitaler Medien darstellen. Es werden die Zielgruppe digitaler Medien und deren Wünsche identifiziert. Letztendlich werden noch Hinweise gegeben, wie man es den Lesern leichter macht schnell und effektiv zu deren gewünschten Ergebnis zu kommen.

Printmedien oder Hypertext, das ist doch egal, oder?

Der größte Unterschied zwischen den beiden Medien liegt wohl darin, dass sie unterschiedlich organisiert und präsentiert werden. Hypertext besteht vor allem aus Informationseinheiten die durch "Links" miteinander in einer nicht hierarchischen Weise miteinander verbunden sind. Während bei Printmedien der gesamte Inhalt auf einer einzigen Oberfläche dargestellt wird, und somit für den Leser leichter überschaubar ist, wird bei Hypertext nicht sofort ersichtlich wie umfangreich die Informationen, die wiedergegeben werden sollen, tatsächlich sind.

Durch die "Verlinkung" wird erhält der Leser allerdings das Privileg oder auch die Pflicht, die Reihenfolge, in der er die Informationen ansehen möchte, selbst zu bestimmen. Dies kann unter Umständen allerdings abschreckend wirken, da der Umfang des Lesematerials nicht abzuschätzen ist, und durch die Verwendung von externen Links wird das Gebiet nochmals erweitert, so kann man leicht in der Informationsflut verloren gehen. Bei Printmedien kann man zwar auch mit gewissen Lesestrategien den durch den Autor vorgegebenen Informationsfluss durchbrechen (Querlesen oder gezieltes suchen nach Informationen), kann ihm aber auch folgen und geht, außerdem bieten Printmedien einen leichteren Überblick und geben Orientierungshilfen wie Seitenzahlen, Inhaltsverzeichnissen oder Kapiteln an.

Ein klarer Vorteil den Hypertext auf seiner Seite hat, ist die Möglichkeit verschiedenartige Informationseinheiten, wie zum Beispiel Filme oder Tondateien im selben Medium wieder zu geben.

Ein großer Nachteil allerdings ist, dass es durch die Verlinkung eventuell zu einer hohen Redundanz in Texten kommen kann und der Leser oftmals über das selbe Textelement stolpert. Auch kann man nicht in die fiktive Welt abtauchen, da man durch die physische Interaktion (Maus Klicks) immer wieder auf die textuelle Darstellung hingewiesen wird und somit kann man auch keine Spannung aufbauen.

Wer ist die Zielgruppe und was ist ihr Ziel?

Laut einer Studie der Stiftung lesen liest jeder zweite Computerbenutzer mehrmals die Woche oder täglich. Das Alter der Leser liegt großteils unter 30 Jahren und je höher der Bildungsgrad, desto höher auch die Lesefreudigkeit am Computer. So liest laut dieser Studie nur jeder dritte mit Hauptschulabschluss, aber über die hälfte der Computernutzer mit Abitur, am Bildschirm. Es ist auch zu beobachten, dass sich eher Männer mit dem lesen elektronischer Medien befassen, dies kann man wiederum darauf zurückführen, dass Berufe, in denen man mit Computern arbeitet, immer noch eher von Männern ausgeübt werden. So kann man die Zielgruppe kurz gefasst als die unter 30jährigen Männer mit einer höheren Ausbildung ansehen.

Da das Lesen am Monitor als unbequem und ermüdend empfunden wird, ist das Ziel der Leser kurze und bündige Informationen zu finden um dann eventuell eine Längere Version auszudrucken, um diese dann mit Stift und Textmarker durchzulesen. Literarische Texte finden eine starke Ablehnung, sowohl als ebook als auch als Lektüre für den Monitor, da hier zusätzlich bei ebooks, das "haptische Gefühl des Buches" fehlt. Gelesen werden also vor allem Emails, Nachrichten und Fachtexte. Dies vor allem in kleinen Portionen. Es kann durchaus vorkommen, dass der gesamte gelesene Text relativ lang ist, aber dieser Text besteht immer nur aus kürzeren Informationsblöcken.

Welche Probleme haben Leser mit digitalisierten Texten?

Probleme für den Leser entstehen auf 2 Ebenen. Einerseits durch das Medium Monitor und andererseits durch das eigentliche Medienprodukt.

Die Darstellung am Monitor bringt einige Nachteile mit sich. Man hat als erstes keine entspannte Sitzhaltung im Gegensatz zu Printmedien, die man auch im Bett lesen kann. Laut einer Studie von Muter, Latremouille, Treurniet und Beam 1982 liest man auf dem Monitor ca. 25% langsamer. Auch der Umgang mit dem Medium ist eingeschränkter, so kann man nichts anstreichen, keine Notizen hinzu fügen oder zum Beispiel eine Seite heraus trennen um sie jemanden zu zeigen.

Ein Problem, das das Medienprodukt selbst mit sich bringt, ist vor allem der ungewohnte Umgang mit Hypertexten, es mag nämlich manchen recht schwierig erscheinen Texte rein im Gedächtnis zusammen zu stellen als sie im vergleich zu "herkömmlichen" Printmedien auch vor sich liegen zu habe.

Laut der Studie der Stiftung lesen ist das letztere Problem aber eher gering unter den Computer Nutzern vertreten. So sind 71% der befragten Personen der Ansicht, dass sie einen guten Überblick erhalten und sogar 81% sind der Meinung dass sie ihre gesuchten Informationen finden.

Wie liest der Leser?

Wie bereits erwähnt, ist der Leser digitaler Medien meist auf Informationssuche. Dabei wird aber ein Text nicht Wort für Wort gelesen sondern gescannt. Scannen ist eine Lese-Strategie, in der man nur auffällige Wörter und Sätze liest und den Rest vernachlässigt. Laut einer Studie von Jakob Nielsen und John Morks gingen 79% ihrer Testpersonen nach dieser Strategie vor. Sie sahen die Uhrsache des scannens vor allem in der langsameren Lesegeschwindigkeit und darin, dass die Augen schnell ermüden. Eine weiterer Grund sei es, dass das Internet ein Benutzer gesteuertes Medium ist und ihre Testpersonen angaben, dass sie sich unproduktiv fühlten, wenn sie nichts taten und nur lasen. Außerdem gibt es ein immenses Angebot an Seiten die möglicherweise die gesuchten Informationen beinhalten, und noch mehr Angebot an Seiten die diese Informationen nicht beinhalten, somit will der Leser seine Zeit nicht auf einer für ihn möglicherweise sinnlosen Seite verbringen und den gesamten Text lesen. Diese Tatsache bringt den Leser dazu "information foraging" (1993, Konzept von Stuart Card, Peter Pirolli welches das Suchverhalten nach Informationen mit dem Verhalten von Wilden Tieren auf der Jagd vergleicht) zu betreiben, das bedeutet er sucht nach Informationen so lange bis er eine "Witterung" aufgenommen hat und sucht dann an dieser Stelle genauer weiter bis er sein Ziel erreicht hat. Ist die Information allerdings leicht zu finden aber nicht wertvoll genug oder ist sie schwer zu finden, obwohl man auch weiß, dass sie einen gewissen Wert haben könnte, so wird abgebrochen.

Aus diesen Fakten schlossen sie, dass eine Benutzer nur ca. 50% des Textes beachtet und den Rest vernachlässigt.

Was kann man tun um nicht nur lesenswert sonder auch gelesen zu werden?

Nach Jakob Nielson gibt es 5 Punkte die man beim erstellen eines Digitalen Dokumentes berücksichtigen muss um eine optimale "readability" zu erreichen indem man den Text "scanbar" macht.

Allein durch diese 5 Punkte kann man laut Nielson eine Steigerung der usability von 124% erreichen.

Dabei sind allerdings noch andere Punkte wichtig um den Leser dazu zu bringen den Text zu lesen, do sollte man immer Glaubwürdig wirken, und Phrasen im Reklame Stil so gut wie möglich vermeiden. Seine Glaubwürdigkeit kann man auch durch das verwenden sinnvoller und eventuell auch informativer, hochwertiger Grafiken und durch das verlinken auf andere Seiten mit ähnlichem Inhalt gesteigert werden.

Zusammenfassen kann man sagen ...

... dass man wohl eher geringere Chancen hat einen Bestseller in elektronischer Form in Umlauf zu bringen als den besten Witz des Jahres elektronisch zu verbreiten. Das liegt einerseits daran, dass der Witz kürzer und meist auch wesentlich einfacher zu verstehen ist. Wer ernsthaft daran interessiert ist, Texte für digitale Medien zu verfassen, der sollte unbedingt die im letzten Absatz genannten Richtlinien befolgen und immer daran denken, wen er eigentlich ansprechen will und wer tatsächlich kommen wird.

Online Verzeichnis

Gesine Boesken - LESEN AM COMPUTER – MEHRWERT ODER MEHR VERWIRRUNG? UNTERSUCHUNGEN ZUR ›KONKURRENZ‹ ZWISCHEN BUCH UND HYPERTEXT http://computerphilologie.uni-muenchen.de/jg02/boesken.html

Nina Korolewski - Lesen im Web - Schreiben fürs Web http://www.korolewski.de/steurg.html

Paul Muter - Interface Design and Optimization of Reading of Continuous Text http://www.psych.utoronto.ca/~muter/pmuter1.htm

Jakob Nielsen - How Users Read on the Web http://www.useit.com/alertbox/9710a.html

Jakob Nielsen - Inverted Pyramids in Cyberspace http://www.useit.com/alertbox/9606.html

Jakob Nielsen - Information Foraging: Why Google Makes People Leave Your Site Faster http://www.useit.com/alertbox/20030630.html