Carmen Eisendle

Mit Lasso oder Kanone:
Wie fesselt man den Leser an den Bildschirm?

Einleitung

Einen Webauftritt zu schaffen, sollte heutzutage keine Kunst mehr sein. Die Kunst dabei liegt woanders… Das Internet wächst und wächst, die Informationsflut ist kaum noch zu bändigen. Mit einher wächst aber auch die Schwierigkeit, den User zum Anklicken zu bewegen, ihn auf sich aufmerksam zu machen und dann aber auch auf dem eigenen Revier zu halten. In diesem Aufsatz wird versucht, zu ergründen, warum es so schwierig ist, den Leser an den Bildschirm zu fesseln.

Hauptabschnitt

Der größte Teil der Internetnutzung liegt in der Informationssuche, also vor allem in der Textsuche. Eyetracking-Studien belegen sogar, dass die User zuerst auf den Text schauen, dann auf die Bilder. Sie sind viel textfixierter als Zeitungs- oder Zeitschriftenleser. Grafiken spielen also eine untergeordnete Rolle. Ein Grund hierfür kann sein, dass Texte schneller geladen werden als Bilder. Jedenfalls belegen verschiedene Studien, dass der erste Blick beim Aufrufen einer Seite auf die Überschriften fällt. Wenn man den Leser zufrieden stellen will, ist also allem voran das Verfassen sinnvoller Texte und nicht zuletzt deren geeignete Darstellung entscheidend.

Das Lesen am Bildschirm ist anstrengender als das Lesen auf Papier. Das liegt auf bereits am Medium selbst. Displays sind selbstleuchtend, während Papier reflektiert. Die Lesegeschwindigkeit ist um 25-30 Prozent geringer als bei anderen Medien. Zudem hat der Bildschirm eine geringere Auflösung und flimmert. Insgesamt ist es also ein mühsamer Vorgang für den Online-Leser und fördert aus den oben genannten Gründen die auch sonst stark ausgebildete Neigung, Seiten zu überfliegen.

Hypertexte werden nicht Wort für Wort gelesen, sondern vielmehr gescannt, das ist die Norm. Häufig liest der User nur die erste Zeile von Texten, Sätze werden nur angelesen. Die Blickrichtung liegt meist im Zentrum des Fensters. Wird nicht schnell gefunden, was der User sucht, wird die Seite verlassen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, Angelpunkte für das Auge zu schaffen.

Aber eine allgemeine Regel abzuleiten wie die, dass Bildschirmtexte 30% kürzer sein sollten als gedruckte, Sätze nicht länger als 10 Worte und alle wesentlichen Begriffe grafisch hervorgehoben sein sollten, erscheint wenig hilfreich. Aus Untersuchungen über Beobachtungen des Leseverhaltens im Web geht hervor, dass die Besucher einer Site auch längere Texte lesen, wenn diese ihre Aufmerksamkeit fesseln und ihren Wissensdurst befriedigen. Deshalb ist es bei der Gestaltung wichtig, die Aufmerksamkeit zu erringen und auch zu erhalten.

Es wird meist empfohlen, sich bei den Webinhalten kurz zu fassen und sie im so genannten Schlagwortstil zu präsentieren, da die Aufnahmebereitschaft des Bildschirmlesens sehr knapp ist. Doch im Allgemeinen ist der Grad der Aufmerksamkeit vor allem vom User und seinen Bedürfnissen abhängig. Während sich ein „Bild“-Onlineuser über die kurzen Sätze und vielen Bilder freut, findet ein "ZEIT"-User die vielen langen Artikel und Statistiken interessant.

Damit sich ein Nutzer auch im Klaren sein kann, ob er sich bei seiner Suche am richtigen Ort befindet ist Transparenz gefragt. Damit meint man einerseits eine saubere Navigation innerhalb einer Seite und andererseits auch die Verdeutlichung, welche Informationen man dort überhaupt finden kann, für welche Zielgruppen sie konzipiert ist. Internetuser sind sehr ungeduldige Leser. Die Suchmaschine wirft meist eine unüberschaubar große Zahl an Links aus, die man unmöglich alle durchgehen kann. Wenn ihm nicht klar ist, was eine Seite zu bieten hat, wird der Besucher also kaum dort verweilen.

Der Gestalter der Seite muss das Profil seiner User und Leser kennen und wissen, was sie von der jeweiligen Homepage erwarten. Nur so kann er ihn durch geeignete Gestaltung an den Bildschirm fesseln.

Oft gibt man dem Design oder dem Text die Schuld daran, dass die Besucher mit der Seite nicht zufrieden sind. Doch meist ist die Ursache an der falschen Zielsetzung zu suchen. Man muss sich von Beginn an im Klaren darüber sein, was man mit der Webseite beabsichtigt und wer sich dafür interessieren könnte. Zuerst müssen also die Interessen, Wünsche, Vorlieben und weitere Eigenschaften der Zielgruppe erfasst werden. Der Benutzer gelangt mit einem Anliegen auf die Website und hofft, dort eine Lösung zu finden.

Von der Zielgruppe einmal abgesehen unterscheidet man drei grundsätzliche Nutzungstypen im Web: Am besten vertreten ist der Sucher. Er hat eine bestimmte Aufgabe und sucht deren Lösung. Der Informationssammler hingegen kennt das Thema und will sich einen kurzen Überblick verschaffen. Der dritte Typ versucht als Sammler so viele Informationen wie möglich über ein Thema zu bekommen. Da die meisten User in die erstgenannte Gruppe fallen, sollte man die Struktur und Texte am besten ihnen entsprechend gestalten, aber darauf achten, auch die anderen zu berücksichtigen.

Die Frage, an welche Zielgruppe man sich mit der Veröffentlichung richten will, ist entscheidend für die Art der Gestaltung, dem Webdesign. Darunter versteht man das überlegte, inhaltsgerechte und anwenderfreundliche Seitenbauen und nicht nur den optischen Effekt.

Der Designer hat die Aufgabe, die Seite so zu konzipieren, dass der Benutzer jederzeit weiß, wo er sich befindet und was er zu erwarten hat. Falsche Signale sollen möglichst vermieden werden. Zentrale Anforderungen an ein gutes Design ist Usability, also alles, was die Website benutzbar macht und damit insbesondere die Navigation, die den User auch wirklich zum Ziel der Suche führt oder – wenn dies nicht der Fall ist – ihm zeigt, wo er sich befindet.

Natürlich soll die Seite nicht zuletzt auch optisch attraktiv wirken. Probleme ergeben sich hierbei in den verschiedenen Darstellungsweisen der verschiedenen Browser. Die Optik ist ein entscheidender Faktor im Erringen von Aufmerksamkeit, erst dann folgt das Lesen, ob es sich um Comics handelt, oder um Fachinformation.

Aufmerksamkeit erlangen heißt zwar noch lange nicht, den Leser wirklich am Bildschirm zu halten, aber ist immerhin der erste Schritt dorthin. Doch dabei können viele Fehler gemacht werden. Animationen können je nach Kontext sinnvoll sein oder nicht. Eine Informationsseite, die den Besucher mit aufwendigen Animationen ablenkt, hat ihr Ziel verfehlt. Baut jedoch ein Grafikbüro seinen Webauftritt mit solchen Effekten auf, wirbt es das Interesse des Kunden. Aber wahrscheinlich wird auch dieser schon beim nächsten Besuch den „skip Intro“-Button klicken, um schneller zum Ziel zu gelangen.

Auf Hindergrundbilder hingegen sollte man bei Texten immer verzichten, da sie ein visuelles Störfeuer für die anspruchsvollen Steuervorgänge erzeugen, welche für die Blickbewegungen beim Lesen erforderlich sind. Meist will sich der Besucher auch nicht durch Werbebanner, lange Ladezeiten oder sonstigen Hinweisen bremsen lassen. Aus Studien zum Leseverhalten weiß man, dass auch Fließtexte ihr Ziel verfehlen. Sie werden vielfach einfach nicht gelesen. Will man das Auge des Nutzers wirklich in den Absatz lenken, muss man sichtbare Marken setzen. Der Fettdruck oder Änderung der Schriftfarbe scheinen hierbei die beste Möglichkeiten zu sein. Wobei man diese Mittel immer nur sparsam einsetzen sollte und bei der Farbwahl stets gesättigte Farben benutzen sollte.

Was aber hält den Nutzer am Bildschirm, nachdem er auf sie aufmerksam wurde (vorausgesetzt ihm wurde signalisiert, dass er hier das finden wird, wonach er sucht)? Er erwartet, dass der Inhalt von Seite zu Unterseite immer näher zu seinem Ziel führt. Ist dies nicht der Fall verliert er das Vertrauen in den Informationswert und verlässt die Seite. Um dies zu verhindern, sollten Links eingebaut werden, um die angebotene Information überprüfbar zu machen. Zudem ist dafür zu sorgen, dass die Website immer auf dem neuesten Stand ist. Aktualität ist nicht zu unterschätzen. Veraltete Zahlen, Fakten und Nachrichten verunsichern und wirken unglaubwürdig.

Abschließend noch Gestaltungstipps, die im Allgemeinen empfohlen werden. Es entspricht nun mal der Tatsache, dass Texte im Web überflogen werden. Um den Nutzer aber entgegenzukommen, kann man die Inhalte so gestalten, dass ihm das Abscannen erleichtert wird. Dies geschieht zum Beispiel unter Berücksichtigung folgender Punkte:

  • Wichtiges gehört an den Anfang
  • Verwendung von Überschriften, Teilüberschriften
  • Im Zeitungsstil schreiben (umgekehrte Pyramide)
  • Klarheit der Begriffe und Texte
  • Verwendung von Listen, Einrücken
  • Hervorgehobene Wörter (fette oder farbige) setzen Akzente
  • Hyperlinks klar ausweisen
  • Druckversion oder Versionen als Download von langen Texten
  • Zusammenfassung

    Vor allem den Texten wird auf Internetseiten große Aufmerksamkeit geschenkt. Will man einen User halten, muss man vor allem hier Akzente setzen. Nicht nur in der Darstellung sondern natürlich auch im Inhalt. Möglichst kurze und präzise Formulierungen sind gewünscht, denn Bildschirmlesen ist anstrengender, als das Lesen auf Papier und der Internetnutzer ist meist ungeduldig und kritisch. Er neigt dazu, Sites einfach abzuscannen, um so möglichst schnell an die gesuchten Informationen zu kommen. Wichtig bei der Seitengestaltung ist vorab die Formulierung einer Zielsetzung und einer Zielgruppe. Darauf aufbauend soll ein geeignetes Konzept erstellt werden und entsprechende Designempfehlungen angewandt werden. Ein allgemeingültiges Rezept hierzu existiert zwar nicht, aber es gibt ein paar Richtlinien, an die man sich möglichst halten sollte. Vor allem die Navigation soll möglichst flexibel gestaltet werden. Um den Leser auch am Bildschirm zu halten, ist es wichtig, sein Vertrauen nicht zu verlieren. Er soll das Gefühl haben, auf dem richtigen Weg zu sein. Geschickte Linksetzung und Aktualität erhöhen die Glaubwürdigkeit.

    Online-Verzeichnis

  • http://www.webwriting-magazin.de/webwriting/blmain.htm
  • http://www.webwriting.ch/schreib/screenles.html
  • http://www.tekom.de/resourcen/pdf/infodars.pdf
  • http://www.kommdesign.de/texte/aufmerk6.htm
  • http://www.frank-thissen.de/sdf_text.htm
  • http://www.cardamon.de/pdf/web_texte.pdf